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Präsidentenwahl in Turkmenistan

11. Februar 2012

Wenn am Sonntag in Turkmenistan ein neuer Präsident gewählt wird, kann von freien Wahlen keine Rede sein. Doch der Westen hält sich mit Kritik zurück. Denn das autokratisch regierte Land ist strategisch wichtig.

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Plakate mit den acht Präsidentschaftskandidaten in Turkmenistan (Foto: Reuters)
Formal treten in Turkmenistan acht Kandidaten bei der Präsidentenwahl anBild: Reuters

Gegen Amtsinhaber Gurbanguly Berdymuchammedow treten bei der Präsidentschaftswahl in Turkmenistan am Sonntag (12.02.2012) mehrere Kandidaten an. Es bestehen aber keine Zweifel, dass der seit dem Tod von Diktator Saparmurat Nijasow Ende 2006 regierende Berdymuchammedow zum klaren Sieger der Wahl erklärt wird.

"Die sieben Kandidaten, die gegen Berdymuchammedow aufgestellt wurden, sind in Wirklichkeit Marionetten des Präsidentenpalasts", sagt Tadschigul Begmedowa, Leiterin der im bulgarischen Exil ansässigen Menschenrechtsorganisation "Turkmenische Helsinki Stiftung". "Sehr viele Wähler kennen nicht einmal die Kandidaten. Das System ist so apolitisch, dass sich viele Menschen dafür auch nicht interessieren. Denn jeder weiß, dass der Hauptkandidat mit einem großen Stimmenvorsprung gewinnen wird.“ Dennoch würden viele Turkmenen an den Wahlurnen erscheinen, so Begmedowa: "Auf jeden Fall Angehörige von Belegschaften und Studenten. Denn sie werden von den Behörden streng kontrolliert."

Portrait von Gurbanguly Berdymuchammedow (Foto: dapd)
Es gilt als sicher, dass Präsident Gurbanguly Berdymuchammedow im Amt bleibtBild: dapd

Die zentralasiatische ehemalige Sowjetrepublik wird seit über 20 Jahren autoritär regiert. Oppositionsparteien, unabhängige Medien oder regierungskritische Organisationen gibt es nicht. Menschenrechtler beklagen zudem, es gebe politische Häftlinge in dem abgeschotteten Land.

Wieder nur Scheinwahlen

Eine "Wahl" wie die jetzige habe es in Turkmenistan schon 2007 gegeben, erinnert sich Nurmuhammet Hanamow, einer der Anführer der turkmenischen Oppositionsbewegung im Exil. Der damalige Vizepremier Berdymuchammedow sei faktisch zum Präsidenten und Nachfolger des "Turkmenbaschi" – des "Vaters aller Turkmenen", wie der verstorbene Nijasow genannt wurde, erklärt worden.

Eine Turmenin an einer Wahlurne (Foto: AP Photo/Xinhua)
Organisierter Urnengang in TurkmenistanBild: AP

Auch heute noch würden echte Wahlen nur imitiert. Zwar seien die Wahlprogramme der Kandidaten in den Zeitungen des Landes veröffentlicht worden. Auch im Fernsehen seien die Kandidaten aufgetreten. "Aber wenn alle Kandidaten in ihren Reden Berdymuchammedow und dessen Programm preisen, dann ist es doch lächerlich, von Konkurrenten zu sprechen", betont Hanamow. Zudem stellt er fest, dass Berdymuchammedow am häufigsten im Fernsehen zu Wort komme.

Die "Gegenkandidaten" zu Berdymuchammedow seien von der Staatsführung sorgfältig ausgesucht worden, erläutert Hanamow. "Wenn sie ihre Funktion erfüllt haben, dann werden sie nicht mehr gebraucht", so der Exil-Oppositionelle.

Strategische Interessen

Die Menschenrechtlerin Tadschigul Begmedowa ist überzeugt, die "Gegenkandidaten" bei der Präsidentschaftswahl sollten nur als "Trostpflaster" für den Westen dienen, der seit Jahren vergeblich auf die Einhaltung demokratischer Verfahren in dem Land dränge.

Turkmenistan hat 1992 gemeinsam mit den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion die Schlussakte von Helsinki und auch andere Verpflichtungen der heutigen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) anerkannt. So beobachtet und bewertet das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) Wahlen in den OSZE-Mitgliedstaaten. In Turkmenistan wurde von der OSZE allerdings noch nie eine Wahl als frei und fair eingestuft.

Zur der bevorstehenden Präsidentenwahl entsendet die OSZE erst gar keine Wahlbeobachter. Das hat gegenüber der DW Andrei Muntean von der OSZE-Vertretung in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabad bestätigt. Begmedowa wundert dies nicht: "Die OSZE schickt keine Beobachter, weil man im Voraus weiß, dass die Wahlen nicht so abgehalten werden, wie es sein sollte." Außerdem wolle man einen Autokraten nicht verärgern, der über große Erdgasvorkommen herrsche, kritisiert die Menschenrechtlerin.

Sowohl der Westen als auch Russland wollen die gewaltigen Erdgasressourcen Turkmenistans für sich gewinnen. Europa braucht das Gas, wenn es von russischen Lieferungen unabhängiger werden will. Nach Vorstellungen der EU soll über die geplante Nabucco-Pipeline in Zukunft auch turkmenisches Erdgas vom Kaspischen Meer nach Westen gepumpt werden. Turkmenistan ist zudem als Nachbar von Iran und Afghanistan strategisch wichtig.

Karte Turkmenistans (Grafik: DW)
Turkmenistan ist als Nachbar von Iran und Afghanistan strategisch wichtig

Autor: Vitali Volkov / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann