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Tsipras will zurücktreten

20. August 2015

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras könnte nach Berichten noch heute zurücktreten, um den Weg für vorgezogene Parlamentswahlen zu ebnen. Nach Einschätzung der griechischen Medien verfolgt er damit zwei Ziele.

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Griechenlands Premier Alexis Tsipras (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/C. Hartmann

Die Griechen sollen am 20. September ein neues Parlament wählen. Ein Regierungsvertreter bestätigte in Athen einen entsprechenden Fernsehbericht des Senders Mega TV. Ministerpräsident Alexis Tsipras werde in Kürze eine Erklärung abgeben. Erwartet wurde, dass Tsipras sein Amt zur Verfügung stellen wird, um damit Neuwahlen zu erzwingen. Der direkte Rücktritt ist laut Verfassung eine von zwei möglichen Voraussetzungen für Neuwahlen.Als mögliches Datum gelten in Athen der 13. oder der 20. September. "Die Wahlen, so höre ich, kommen", sagte Finanzminister Euklid Tsakalotos im Parlament. Ähnlich äußerte sich Umweltminister Panos Skourletis.

Vorgezogene Wahlen wären auch dann möglich, wenn Tsipras im Parlament die Vertrauensfrage stellen sollte - denn die Abstimmung könnte er nach jetzigem Stand der Dinge verlieren, weil das linke Lager seiner Regierungspartei Syriza mit etwa 40 Abgeordneten die Sparpolitik boykottiert. Die Schuld für den dann unvermeidlichen Rücktritt könnte Tsipras dann dem linken Flügel seiner Partei geben, vermuteten Analysten. Über das genaue Vorgehen beriet Tsipras mit zahlreichen Ministern und Beratern, wie das Staatsfernsehen berichtete.

Bei der Abstimmung über das Sparpaket im Parlament verfügte Tsipras über keine Koalitionsmehrheit mehr (Foto: Reuters)
Bei der Abstimmung über das Sparpaket im Parlament verfügte Tsipras über keine Koalitionsmehrheit mehrBild: Reuters

Tsipras selbst ist wegen seiner langen harten Haltung gegen neue Sparauflagen populär. Bei einer Umfrage Ende Juli hatten ihn über 60 Prozent positiv beurteilt. Seine Popularität könnte aber leiden, wenn Sparkurs und Steuererhöhungen spürbar werden. Der Umfrage zufolge könnte Syriza bei einer Neuwahl auf knapp 34 Prozent der Stimmen hoffen und wäre damit wieder mit Abstand stärkste Kraft, bräuchte aber weiter einen Koalitionspartner.

Tsipras verfolgt nach Einschätzung der griechischen Presse zwei Ziele: Demnach will er einerseits mit dem linken Flügel seiner Regierungspartei Syriza abrechnen und andererseits ein frisches Mandat bekommen, bevor die harten Sparmaßnahmen des neuen Sparprogramms in Griechenland greifen. Sollte Tsipras zurücktreten, muss bis zu den Neuwahlen eine Interimsregierung das Land führen mit einem der höchsten Richter des Landes an der Spitze.

Keine Konsequenzen für das Sparprogramm

Derartige "Blitzwahlen" - wie sie ein Teil der griechischen Presse mittlerweile nennt - würden wohl keine Konsequenzen für das Sparprogramm haben. In Athen hieß es aus gut informierten Kreisen der Regierungspartei, Tsipras habe dafür bereits das grüne Licht der Gläubiger erhalten. Er habe gegenüber wichtigen Entscheidungsträgern in der EU argumentiert, er brauche ein neues Mandat, um in Zukunft schwierige Gesetze mit harten Sparmaßnahmen durchzusetzen, die noch vom Parlament gebilligt werden müssen.

Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia kritisierte die angeblichen Absichten von Tsipras und warf ihm vor, seine innerparteilichen Probleme zulasten der Stabilität des Landes zu lösen.

Milliarden für die Banken

Tsipras leitet eine Koalition mit einer rechtsgerichteten Partei. Zuletzt hatte ihn etwa ein Drittel der Syriza-Abgeordneten wegen der Reformauflagen der Geldgeber nicht mehr unterstützt. Tsipras war daher bei den Abstimmungen zum dritten Hilfspaket auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Der Anführer der Syriza-Abweichler, Panagiotis Lafazanis, will die Schulden des Landes nicht begleichen und die alte Währung Drachme wieder einführen.

Der ehemalige Energie- und Umweltminister Panagiotis Lafazanis (Foto: Reuters)
Der ehemalige Energie- und Umweltminister Panagiotis LafazanisBild: Reuters/^Y. Behrakis

Das hochverschuldete Land zahlte Regierungskreisen zufolge derweil mehr als 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurück. Zuvor hatte es eine erste Kredittranche über 13 Milliarden Euro aus dem neuen Rettungspaket erhalten. Davon werden rund zwölf Milliarden Euro für die Rückzahlung von Schulden eingesetzt. Weitere zehn Milliarden Euro für die Rekapitalisierung von Banken wurden in Form von Papieren des Rettungsschirms ESM auf ein Sperrkonto überwiesen. Das dritte Hilfsprogramm hat insgesamt ein Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro. Davon sind allein 25 Milliarden Euro für die Stützung angeschlagener Banken vorgesehen.

Im Gegenzug hat sich das Land verpflichtet, unter anderem die Mehrwertsteuer zu erhöhen, Pensionen zu kürzen und Teile des Staatsbesitzes zu privatisieren. Dies trifft in dem Land mit einer Arbeitslosenquote von 25 Prozent auf Widerstand.

stu/uh (dpa, rtr)