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Tschechische Gewerkschaften machen gegen Finanzreform mobil

13. August 2003
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Prag, 13.8.2003, PRAGER ZEITUNG, deutsch

Die tschechische Regierung erwartet ein heißer Herbst. Der könnte früher beginnen, als ihr lieb ist. Denn am Dienstag dieser Woche haben die Gewerkschaften angekündigt, am 13. September in Prag eine Großdemonstration gegen die Reform der öffentlichen Finanzen zu starten.

Bisher liefen die Proteste der Gewerkschaften ins Leere. Als sie im Juni zu Demonstrationen aufriefen, kamen entgegen ihren Erwartungen lediglich rund tausend Teilnehmer. Dass der nun angekündigte Streik mehr Erfolg bringt als die vorangegangenen Proteste, darf ebenfalls stark bezweifelt werden. Einen Unterschied gibt es allerdings: Am 13. September wollen die beiden größten Gewerkschaftsverbände erstmals gemeinsam auf die Straße gehen und gegen die Reform mobil machen.

Die Regierung, allen voran Finanzminister Sobotka, zeigte sich in der Frage der Reformen bislang jedoch alles andere als gesprächsbereit. Denn es dürfte kein Leichtes gewesen sein, einen tragfähigen Kompromiss zu finden, dem alle Kabinettsmitglieder – vom linken Arbeitsminister Škromach bis zum liberalen Petr Mareš – mit gutem Gewissen zustimmen konnten.

Jetzt hat der größte Gewerkschaftsverband Vorschläge gemacht, wie er einzelne Vorhaben ändern, das heißt aufweichen will. Diese laufen darauf hinaus, dass weniger gespart, dafür mehr für sozial schwache Gruppen ausgegeben werden soll.

Gegenvorschläge sind immer besser als reine Kritik, doch die kurze Geschichte der Regierung lehrt etwas anderes: Wenn Špidla irgendetwas oder irgendjemand fürchten muss, der das Gesetzespaket ernsthaft gefährden oder gar zu Fall bringen könnte, dann sind das keine Streiks oder Proteste von wütenden Gewerkschaftsbossen. Es sind eher die Regierung und ihre Abgeordneten selbst.

Erst vor wenigen Wochen, als der eher unbekannte Hinterbänkler Hojdar aus der sozialdemokratischen Fraktion austrat und verlangte, dass mit ihm gesondert verhandelt wird, wurde wieder deutlich, auf welch schwachem Fundament Špidla und seine Mitstreiter stehen. Schon der erste Haushaltsentwurf im vergangenen Jahr, der an einer Stimme scheiterte, zeigte, wie schnell man die gegenwärtige Koalition in die Krise stürzen kann. (fp)