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EU-Vertrag in Gefahr?

Christoph Hasselbach, Brüssel14. Januar 2009

Tschechiens Premier Mirek Topolánek warb vor dem Europäischen Parlament für seine Ratspräsidentschaft. Doch seine Äußerungen zum Lissabon-Vertrag empörten manche Abgeordnete. Redet der Ratspräsident den Vertrag schlecht?

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Mirek Topolánek vor dem EU-Parlament (Quelle: DPA)
Mirek Topolánek vor dem EU-ParlamentBild: AP

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft beginnt mit schweren außenpolitischen Krisen: Der andauernde Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine sowie der Krieg im Nahen Osten machen den Tschechen schwer zu schaffen. Außerdem gibt es innerhalb der EU die ungeklärte Frage des Lissabon-Vertrags. Ministerpräsident Mirek Topolánek ist sich der Erwartungen an ihn sehr wohl bewusst.

Warnung an Russland und die Ukraine

Topolánek kündigte am Mittwoch (14.01.2009) vor dem Europaparlament in Straßburg an, die Energiepolitik zu einem Schwerpunkt der tschechischen Ratspräsidentschaft zu machen. Durch Energieknappheit seien die europäische Wirtschaft, aber auch Europas Freiheit und Sicherheit bedroht, sagte er.

Ihm zur Seite stand Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Er lobte die tschechischen Bemühungen um eine Beilegung des Gasstreits und warnte Russland und die Ukraine: Wenn nicht bald wieder Gas in die Europäische Union fließe, könnten beide Länder "nicht mehr als verlässliche Partner der EU bei der Energieversorgung betrachtet werden."

EU-Mitglied Kroatien?

Symbolbild Gasstreit mit Russland (Quelle: AP)
Topoláneks Schwerpunkt: Die EnergiepolitikBild: AP/DW Fotomontage: Albrecht Schrader

Ein anderer Schwerpunkt der tschechischen Ratspräsidentschaft hängt mit der geographischen Lage des Landes in der Mitte Europas und an der früheren Schnittstelle zwischen Ost und West zusammen: Topolánek will die Länder des westlichen Balkans und die Türkei näher an die EU heranführen. Kroatien solle "möglichst bald" in die EU aufgenommen werden, sagte er.

Doch viele in der EU sagen, notwendige Voraussetzung für jede neue Erweiterung müsse eine innere Reform der Union durch den Lissabon-Vertrag sein. Vorher müssen allerdings die Iren in einem zweiten Referendum über den Vertrag abstimmen, nachdem sie ihn im vergangenen Sommer abgelehnt haben. Und ausgerechnet in der Tschechischen Republik steht eine Ratifizierung ebenfalls noch aus.

Lissabon kaum besser als Nizza

Mehrere Redner, darunter Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering, mahnten Topolánek, für eine rasche Ratifizierung zu sorgen. Doch hier hat Topolánek viele Europaabgeordnete enttäuscht, zum Teil sogar schockiert: Der Lissabon-Vertrag sei "nur wenig besser" als der bestehende Vertrag von Nizza, sagte er. Hielte die Tschechische Republik eine Volksabstimmung darüber ab, werde der Vertrag abgelehnt.

Jo Leinen, der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, bezeichnete es als "Skandal", dass der Ratspräsident den Vertrag schlecht rede. Topolánek erklärte später, er habe das ironisch gemeint, doch der Schaden ist angerichtet.

Vertrauensvorschuss für die Tschechen

Redner aus verschiedenen Fraktionen brachten der tschechischen Ratspräsidentschaft aber insgesamt eine Menge Verständnis und Vertrauen entgegen. Martin Schulz, Fraktionsvorsitzender der Sozialisten, kritisierte zwar, sowohl im Nahen Osten als auch beim Gasstreit seien tschechische Regierungsmitglieder widersprüchlich aufgetreten. Doch einige Anfangsschwierigkeiten seien behoben worden.

Viele in der EU scheinen bereit zu sein, den Tschechen einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Doch an der Frage, wie das Land mit dem Lissabon-Vertrag umgeht, dürfte sich schließlich das Urteil entscheiden.

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