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Tröglitz begrüßt erste Flüchtlinge

11. Juni 2015

Dem Druck von rechts nicht weichen: Das ist die Botschaft aus Tröglitz, wo die ersten Asylbewerber eingetroffen sind - zwei Monate nach dem Brandanschlag am Osterwochenende.

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Der ehemalige Bürgermeister der Ortschaft Tröglitz, Markus Nierth (links), begrüßt am 11.06.2015 auf einer Pressekonferenz in Naumburg (Sachsen-Anhalt) Flüchtlingsfamilien aus Afghanistan und Indien (Foto: dpa)
Der frühere Bürgermeister Markus Nierth (links) mit Flüchtlingsfamilien aus Afghanistan und IndienBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Die Ankunft der ersten neun Flüchtlinge nach dem Brandanschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft hat der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich, als klares politisches Signal gewertet. "Wir halten an der Unterbringung von Flüchtlingen in Tröglitz fest, auch wenn dies einige Menschen anders sehen", sagte Ulrich in Naumburg.

Die bei dem Brand zerstörte Flüchtlingsunterkunft ist vorerst nicht bewohnbar, weshalb für die ersten Flüchtlinge nun zwei Wohnungen bereit gestellt wurden. Bereits am Dienstag trafen zwei Familien aus Afghanistan und eine Familie aus Indien ein, jeweils mit einem Kind zwischen einem und elf Jahren.

"Sehr gefasst reagiert"

"Ich freue mich sehr, dass wir nach den schwierigen Wochen und Monaten so weit gekommen sind", sagte Ulrich. Nach seinen Angaben wurden wurden die Flüchtlinge über die Vorfälle in Tröglitz informiert. Sie hätten "sehr gefasst" reagiert und wollten nun so schnell wie möglich Deutsch lernen. Der elfjährige Sohn einer afghanischen Familie werde bald die Schule besuchen.

Zum Sicherheitskonzept zur Unterbringung der Asylbewerber wollte Ulrich keine Details nennen. Polizei und Staatsschutz seien bei der Auswahl der Wohnungen aber eingebunden gewesen. Ulrich sagte, er rechne nicht mit weiteren Demonstrationen, wenngleich dies nicht ausgeschlossen werden könne. "Wir wollen alle einen Erfolg bei der Integration der neuen Mitbürger", sagte der CDU-Politiker auf der Pressekonferenz in Naumburg.

Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU) (Foto: dpa)
"Klares politisches Signal": Landrat Götz UlrichBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Lange Flucht und schlimmstes Leid

Der frühere Tröglitzer Bürgermeister Markus Nierth sprach von einer "Chance" für Tröglitz. "Es liegt nun an den Tröglitzern selbst, etwas daraus zu machen, auf die Menschen zuzugehen oder in Ängstlichkeit verfangen zu bleiben", sagte Nierth, dessen Familie die beiden afghanischen Familien als Paten bei der Integration unterstützt. Die Asylbewerber, die eine lange Flucht und schlimmstes Leid hinter sich hätten, "haben eine Chance verdient".

Nierth hatte Anfang März mit seinem Rücktritt als Tröglitzer Bürgermeister bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nierth sah sich und seine Familie durch Rechtsextreme bedroht, die vor seinem privaten Wohnhaus gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in dem kleinen Ort in Sachsen-Anhalt demonstrieren wollten. Zudem fühlte er sich von den örtlichen Behörden im Stich gelassen.

Afghanische Asylbewerberin auf der Pressekonferenz in Naumburg (Foto: dpa)
Wirklich willkommen? Afghanische Asylbewerberin auf der Pressekonferenz in NaumburgBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Matthias Keilholz von der Tröglitzer Initiative "Füreinander - Miteinander" sprach von großer Unterstützung aus dem Kreis der Bevölkerung. "Nur in direkter Begegnung mit den Flüchtlingen kann man das Miteinander lernen", sagte der Pfarrer.

Sanierung dauert ein Jahr

Ursprünglich sollten 40 Flüchtlinge in einem großen Mehrfamilienhaus untergebracht werden. Dagegen gab es Proteste - angeführt von der rechtsextremen NPD. Der ehrenamtliche Bürgermeister Markus Nierth trat zurück, weil er sich und seine Familie nicht ausreichend vor den Demonstrationen geschützt sah.

In der Nacht zum 4. April zündeten Unbekannte die fast fertige Unterkunft an. Auch zwei Monate nach dem Vorfall sind der oder die Täter nicht gefasst. Für sachdienliche Hinweise haben die Behörden eine Belohnung von 20.000 Euro ausgesetzt.

Die Sanierung der vom Brand zerstörten Flüchtlingsunterkunft wird nach Angaben des Landratsamtes voraussichtlich gut ein Jahr dauern. Da es laut Landrat Ulrich weitere Wohnungsangebote in Tröglitz gibt, will er mittelfristig 40 Flüchtlinge dort unterbringen - also die gleiche Anzahl wie ursprünglich geplant.

jj/stu (dpa, afp)