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Trotz Kritik: Bush nominiert Hayden als CIA-Chef

8. Mai 2006

US-Präsident Bush hat sich über Kritik hinweggesetzt und General Michael Hayden als neuen CIA-Chef nominiert. Auch republikanische Politiker hatten zuvor die Berufung eines Zivilisten gefordert.

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Michael V. HaydenBild: AP
Porter Goss resigns
John Negroponte, Porter Goss und George W. Bush (v.l.)Bild: AP

Wie erwartet hat US-Präsident George W. Bush am Montag (8.5.2006) Luftwaffengeneral Michael Hayden als Nachfolger für den zurückgetretenen CIA-Chef Porter Goss nominiert. Bushs Sicherheitsberater Stephen Hadley hatte zuvor Hayden gegen Kritik verteidigt und erklärt, der Präsident sei der Meinung, dass Hayden "die richtige Person zur richtigen Zeit im richtigen Job" sei. Hayden sei "äußerst qualifiziert" und kenne die Geheimdienstarbeit sehr genau, erklärte Bush. Die Regierung hoffe auf eine baldige Bestätigung Haydens durch den Senat, sagte Hadley.

Militarisierung der Geheimdienste?

Zuvor hatten sich Abgeordnete beider politischer Lager gegen den 61-Jährigen ausgesprochen. Hayden sei "die falsche Person am falschen Ort zur falschen Zeit", erklärte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, der Republikaner Peter Hoekstra. Hayden ist derzeit Stellvertreter des Nationalen Geheimdienstkoordinators John Negroponte und gilt als dessen engster Vertrauter. Sollte er die Leitung der CIA wie geplant übernehmen, würde jeder US-Geheimdienst von einem Offizier geführt. Um Bedenken wegen einer weiteren Militarisierung der Geheimdienste Rechnung zu tragen, solle die Nummer zwei der CIA, Vizeadmiral Albert Calland, nach weniger als einem Jahr seinen Posten aufgeben, verlautete aus Regierungskreisen. Wahrscheinlich seien darüber hinaus weitere personelle Veränderungen.

Ein General an der Spitze der CIA könnte den Eindruck erwecken, dass der Geheimdienst vom Verteidigungsministerium kontrolliert werde, sagte Hoekstra am Sonntag dem Fernsehsender Fox. Der demokratische Senator Joseph Biden befürchtete, die Ernennung Haydens könnte vermuten lassen, dass das Pentagon sich die CIA einverleibt habe.

Umstrittene Abhöraktionen

Der republikanische Abgeordnete Saxby Chambliss zeigte sich ebenfalls kritisch. Die Tatsache, dass Hayden den Streitkräften angehöre, sei ein "größeres Problem". Selbst wenn Hayden seinen militärischen Posten aufgäbe, wäre dieses Problem nicht gelöst, erklärten Chambliss und Hoekstra.

Vor allem die Demokraten kündigten für den Fall einer Nominierung Haydens auch deshalb ein "hartes" Bestätigungsverfahren im Senat an, weil der General einer der stärksten Verfechter des umstrittenen Geheimprogramms zum Abhören von US-Bürgern nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ist. Hayden, damals Chef der Nationalen Sicherheitsbehörde (NSA), hatte die Überwachungen ohne richterliche Genehmigung mit initiiert und vehement verteidigt. In Jobs wie seinem spreche man in der Regel erst dann über seine Arbeit, wenn sie bereits Geschichte sei, erklärte der 61-Jährige nach Bekanntwerden der Abhöraktion. Dennoch verteidigte er das Programm wortreich vor dem Nationalen Presseclub. Man habe dadurch Informationen erhalten, die auf andere Weise nicht zu beschaffen gewesen wären, argumentierte er.

"Für uns oder gegen uns"

Von 1999 bis 2005 leitete Hayden die NSA. Er gilt als Mann des entschlossenen Handelns, wie der Historiker Matthew Aid erklärt: So habe Hayden einen stellvertretenden Direktor kurzerhand nach London versetzt, als dieser sich Veränderungen in der NSA widersetzen wollte. "Er hat nicht gesagt 'Ihr seid hier die altgedienten Veteranen'", sagte Aid. "Er hat gesagt 'Ihr seid für uns oder Ihr seid gegen uns'". Alle Kollegen, die sich nicht auf seine Seite gestellt hätten, seien in Rente gegangen oder versetzt worden.

Aufgewachsen ist Hayden in einem Arbeiterviertel in Pittsburgh. Sein Vater war Fabrikarbeiter, sein Bruder Lastwagenfahrer. Hayden selbst jobbte als Taxifahrer, um sich sein Geschichtsstudium finanzieren zu können. Für die Luftwaffe war er in Bulgarien, Südkorea und Deutschland im Einsatz. Der General soll ein Faible für Shakespeare haben.

Warum ging Goss?

Bush-Sprecherin Dana Perino wies unterdessen Berichte zurück, nach denen der Präsident schon seit langem das Vertrauen in den zurückgetretenen Goss verloren habe. Goss hatte die Nachfolge von George Tenet angetreten, der nach scharfer Kritik an den Mängeln im Vorfeld der Anschläge vom 11. September und wegen der Fehlinformationen über die Existenz von irakischen Massenvernichtungswaffen zurückgetreten war. Als Konsequenz aus dem Versagen hatte Bush eine Geheimdienstreform eingeleitet und das Amt des nationalen Geheimdienstdirektors als Chefkoordinator der 16 US-Spionagebehörden geschaffen. Dadurch war die Rolle von Goss als Leiter der einst überaus mächtigen CIA beschnitten worden.

Während Goss keine Gründe für seinen Rücktritt angegeben hatte, berichteten US-Medien, dass seinem Schritt heftige Kontroversen mit Negroponte voraus gegangen seien. Negroponte habe weitere Zuständigkeiten aus der CIA in seine Behörde verlagern wollen, um den Geheimdienstapparat effektiver zu machen. Goss habe sich dagegen gewehrt. Wie es weiter hieß, war Bush selbst mit seinem CIA-Chef, insbesondere mit dessen Führungsstil, unzufrieden: Mehr als ein Dutzend ranghohe erfahrene CIA-Beamte hatten in seiner Amtszeit gekündigt, weil sie sich von Goss gegängelt und missachtet fühlten. (stu)