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Triumph für das Putin-Lager

9. Dezember 2003

Die russischen Parlamentswahlen haben dem Putin-Lager einen Erdrutsch-Sieg beschert. Der Präsident könnte den bisherigen Ergebnissen zufolge sogar die Verfassung zu seinen Gunsten ändern lassen.

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Die Wahl ist gelaufen - zugunsten PutinsBild: AP
Wladimir Putin
Wladimir PutinBild: AP

Die von Wahlbeobachtern heftig kritisierte Parlamentswahl in Russland (7.12.2003) hat Staatschef Wladimir Putin einen beispiellosen Machtzuwachs verschafft. Nach Auszählung von 97 Prozent der abgegebenen Stimmen lag die Präsidentenpartei "Geeintes Russland" mit 37,09 Prozent deutlich vorn. Das teilte die zentrale Wahlkommission am Montag (8.12.2003) in Moskau mit. Überraschend stark schnitt die rechtspopulistische Liberal-Demokratische-Partei LDPR von Wladimir Schirinowski ab; sie erhielt 11,6 Prozent. Die neu gegründete Partei "Rodina" ("Heimat"), eine Abspaltung von den Kommunisten, zog auf Anhieb mit 9,1 Prozent in die Duma ein.

Die liberalen Parteien "Jabloko" und "Union der rechten Kräfte" (SPS) scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie können bestenfalls noch mit einigen Direktmandaten rechnen.

Zweidrittelmehrheit

Die Duma in Moskau
Die Duma in Moskau - das russische ParlamentBild: AP

Die eine Hälfte der 450 Sitze in der Duma, dem russischen Unterhaus, wurde über das Verhältniswahlrecht bestimmt, die andere über Direktmandate. Nach Einschätzung eines Vertreters der Wahlkommission dürfte die Putin-treue Partei "Geeintes Russland" zusammen mit den Direktmandaten auf fast die Hälfte der Abgeordnetenmandate und damit fast auf die absolute Mehrheit kommen. Zusammen mit Schirinowskis LDPR und der Heimat-Partei kämen demnach sogar mehr als 300 Sitze zusammen und somit eine Zweidrittelmehrheit.

Diese würde Putin Verfassungsänderungen ermöglichen - beispielsweise eine dritte Amtszeit nach 2008. Bisher sieht die Verfassung – wie in den USA - nur eine einmalige Wiederwahl des amtierenden Präsidenten vor. Damit soll ein ausufernder Machtzuwachs eines einzelnen Politikers verhindert werden.

Schwache Beteiligung

Die Wahlbeteiligung lag bei 51,77 Prozent der wahlberechtigten 110 Millionen Russen, zehn Prozentpunkte weniger als 1999. Knapp fünf Prozent enttäuschte Wähler stimmten zudem in einer Besonderheit des russischen Wahlrechts "gegen alle".

Putin sprach nach dem für ihn triumphalen Ergebnis von einem "weiteren Schritt zur Festigung der Demokratie". Die gegenteilige Ansicht vertrat hingegen der Leiter der OSZE-Beobachtermission, Bruce George. Er sagte, für die Demokratisierung Russlands bedeute diese Wahl einen "Rückschritt". Zahlreiche Kriterien für demokratische Wahlen, wie sie von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und vom Europarat aufgestellt werden, seien missachtet worden. Vor allem kritisierte der OSZE-Diplomat den massiven Einsatz der Medien zugunsten des Kreml. Dadurch seien die anderen Parteien benachteiligt worden, das Prinzip der Gleichbehandlung sei nicht gewahrt gewesen. Die Beobachter seien sich einig, dass diese Mängel Russlands Bereitschaft in Frage stellten, sich europäischen und internationalen Standards für demokratische Wahlen anzunähern.

Vorwurf: Wahlfälschung

Der Kommunistenchef Gennadi Sjuganow warf der russischen Führung massive Fälschungen bei der Wahl vor. Diese "beschämende Farce" habe "nichts mit Demokratie zu tun", sagte er der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. "Sie nehmen alle an einem widerlichen Spektakel teil, das, warum auch immer, Wahl genannt wird."

Der sowjetische Ex-Staatschef Michail Gorbatschow warnte vor der Übermacht einer einzelnen Partei. Er hätte es bevorzugt, "das ganze Spektrum in der Duma vertreten zu sehen", zitierte Interfax den früheren Staatschef. Ein "einseitiges Parlament" könne zu "großen Fehlern" führen. "Zustände in der Art des Sowjetkommunismus müssen verhindert werden", betonte Gorbatschow.

Putin forderte laut Interfax die Regierung von Ministerpräsident Michail Kasjanow auf, sie solle nun "einen konstruktiven Dialog" mit der Duma aufnehmen und mit ihr zusammenarbeiten. Denjenigen, die sich nach der Wahl als Verlierer fühlten, wolle er sagen, dass das Land weiter "ihrer ganzen beruflichen Kompetenz" bei der Lösung der Probleme bedürfe. (mas)