1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Migration ohne Braindrain

16. Mai 2011

Bislang galt in der Entwicklungspolitik: keine Abwerbung von Qualifizierten aus Entwicklungsländern. Doch wie sollen sich Industrieländer daran halten, wenn ihnen die Fachkräfte fehlen? Die Antwort: zirkuläre Migration.

https://p.dw.com/p/11FZR
Fachkraft (Foto: dpa)
Hochqualifizierte Ausländer sollen den Fachkräftemangel in Deutschland behebenBild: picture-alliance/dpa

In Deutschland werden die Arbeitsplätze nicht weniger werden, dafür aber geht die Zahl der Arbeitskräfte zurück. Aufgrund des Geburtenrückgangs wird unter gleichbleibenden Bedingungen bis zum Jahr 2025 die Zahl derjenigen, die arbeiten können und wollen, um 6,5 Millionen zurückgehen. Auch wenn mehr Frauen erwerbstätig werden und die Arbeitslosenzahlen im Land sinken, eine Lücke von Millionen wird offen bleiben. Deshalb ist Deutschland auf Zuwanderung angewiesen - auch aus Entwicklungs- und Schwellenländern.

Ohne "Brain Drain"

Dirk Niebel (Foto: Paul Hahn)
Dirk Niebel: Migration aus Entwicklungsländer ohne Brain DrainBild: Paul Hahn

Allerdings wolle man darauf achten, so der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel, "dass der sogenannte Brain Drain nicht eintritt", also die Abwanderung von Fachkräften aus den Entwicklungs- und Schwellenländern. Es sei keine gute Entwicklungspolitik, so Dirk Niebel, wenn in afrikanischen Staaten medizinische Fachkräfte ausgebildet werden, und dann das Industrieland die Fachkräfte für die eigenen Krankenhäuser abwirbt. Die Konsequenz für die betroffenen Entwicklungsländer ist in diesem Fall, dass ihr Gesundheitssektor auf schlechtem Niveau bleibe. Die guten Fachkräfte wandern ab und gehen ihrem Heimatland verloren.

Trotz solcher Bedenken: Tatsache bleibt, dass die weltweite Migration zunehmen wird. Da liegt es nahe, dass auch Deutschland, das auf Zuwanderung angewiesen ist, sich Gedanken macht, wie es einen Teil der Migrationsströme ins eigene Land lenken kann. Und zwar ohne dass es zu einem Brain Drain kommt.

Stattdessen: "Triple Win"

Dr. Jürgen Wilhelm (Foto: Paul Hahn)
Jürgen Wilhelm: mit dem Triple-Win-Project Migration nachhaltig gestaltenBild: Paul Hahn

Die Antwort lautet: Triple Win, also dreifacher Gewinn, so Jürgen Wilhelm, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). "Die Idee des Triple-Win-Projekts", so Jürgen Wilhelm, "ist es, den Migrationsprozess so zu gestalten, dass er für alle Beteiligten Vorteile bringt: für das Herkunftsland, für das Zielland und natürlich für die Menschen selbst."

Triple Win ist ein Pilotprojekt der staatlichen GIZ und der Bundesagentur für Arbeit, der Behörde also, die in Deutschland für die Arbeitsvermittlung zuständig ist. Wie deren Vorstandsmitglied Raimund Becker erläutert, will man in einem Pilotprojekt mit Fachkräften aus sogenannten Mangelberufen wie Ingenieure, Krankenschwestern oder Krankenpfleger probieren, ob man Migration für alle Beteiligten mit Gewinn gestalten kann.

Pilotprojekt "Zirkuläre Migration"

Raimund Becker (Foto: Paul Hahn)
Raimund Becker: Pilotprojekt mit MINT- und Pflegeberufen gestartetBild: Paul Hahn

Es ist geplant, das im Rahmen dieses Pilotprojektes rund 40 Pflegekräfte aus Bosnien nach Deutschland kommen, außerdem rund 40 Experten aus den so genannten MINT-Berufen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik - vor allem aus asiatischen Ländern. In den nächsten Jahren sollen sie sich weiter qualifizieren und danach auch eine Weile in Deutschland arbeiten, bevor sie in ihr Heimatland zurückkehren. Mit Hilfe dieser Fachkräfte soll ein Modell der zirkulären Migration erarbeitet werden. Man möchte herausfinden, ob womöglich arbeits- und aufenthaltsrechtliche Bestimmungen in Deutschland verändert werden müssen. Weiterhin soll erforscht werden, ob man zum Beispiel diese Migranten bei ihrer Rückkehr mit einem Hilfskredit ausstatten kann, damit sie sich in ihrer Heimat selbständig machen. Oder aber wie man sie in die Lage versetzt, mit dem erworbenen Wissen die Entwicklung in ihrem Land zu unterstützen.

Soweit die Theorie. In der Praxis wird es dann wohl so sein, dass ein Teil dieser Menschen für immer hier bleibt. So wie die einstigen Gastarbeiter.

Autor: Panagiotis Kouparanis
Redaktion: Arne Lichtenberg