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Politik

Transparency kritisiert lasche EU-Regeln

31. Januar 2017

Transparency International wirft früheren EU-Beamten Interessenkonflikte aufgrund ihrer neuen Jobs vor. Viele Ex-Abgeordnete und noch mehr Ex-Kommissare arbeiten demnach für Lobby-Organisationen.

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Das Gebäude der EU-Kommission in Brüssel
Das Gebäude der EU-Kommission in BrüsselBild: Reuters/Y. Herman

Die Auflagen für den Wechsel von EU-Beamten und Politikern in den Lobbyismus sind nach Einschätzung von Transparency International unzureichend. "Viele, die die EU-Institutionen und im Besonderen die Politik verlassen, gehen jetzt Tätigkeiten nach, bei denen Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen werden können", schreiben die Autoren eines in Brüssel vorgestellten Berichts.

"Es geht uns nicht darum, jede Art von Wechsel zu verbieten", sagte Daniel Freund, einer der Autoren des Papiers. Die Vorkehrungen gegen den Missbrauch von Einfluss früherer EU-Kommissare seien aber zu lasch. Für EU-Abgeordnete gebe es sogar keinerlei Auflagen. "An dem Tag, an dem sie aus dem Amt scheiden, können sie machen, was sie wollen", sagte Freund.

Brüssel Proteste zu Interessenskonflikten früherer EU-Politiker
Demonstration von Oxfam und Transparency im April 2016 vor der EU-KommissionBild: Getty Images/AFP/J. Thys

Von 485 früheren EU-Abgeordneten, die das Parlament nach den letzten Wahlen 2014 verließen, sind dem Bericht zufolge 171 Personen keine aktiven Politiker mehr. Von diesen arbeiteten 30 Prozent für Organisationen, die im europäischen Lobby-Register eingetragen sind, darunter auch sieben frühere deutsche Abgeordnete. Was aber nicht bedeuten muss, dass sie aktive Lobbyisten sind: In der Datenbank sind neben Beraterfirmen oder Branchenverbänden etwa auch Universitäten erfasst. 26 Ex-Parlamentarier arbeiten laut Transparency indes direkt für Beraterfirmen, die die EU-Politik beeinflussen wollen.

Der Wechsel des Kommissionspräsidenten Barroso zu Goldman Sachs sorgte für Empörung
Der Wechsel des Kommissionspräsidenten Barroso zu Goldman Sachs sorgte für EmpörungBild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

Bei EU-Kommissaren ist der Wechsel in die Privatwirtschaft laut Transparency noch weitaus üblicher als bei Abgeordneten. Mehr als die Hälfte der 27 EU-Kommissare, die seit 2009 die Brüsseler Behörde verlassen haben, arbeiteten nun für eine Organisation mit Eintrag im EU-Lobbyregister. 

Alleine Google hat der Analyse der Nichtregierungsorganisation zufolge viele ehemalige EU-Beamte rekrutiert: 57 Prozent seiner bei der Europäischen Union akkreditierten Lobbyisten waren demnach zuvor für eine der EU-Institutionen tätig gewesen.

Ein Sprecher der EU-Kommission verwies auf die existierenden Übergangsregeln für Kommissare. Für diese gilt eine 18-monatige Karenzzeit, in der ehemalige Kommissare keine Positionen in der Privatwirtschaft annehmen dürfen, die im Konflikt mit ihrem früheren Aufgabenbereich stehen. Danach gilt die in den EU-Verträgen verankerte Pflicht, "ehrenhaft und zurückhaltend" zu sein. "Unsere sind die strengsten Regeln, die Sie unter nationalen Regierungen finden können", fügte der Sprecher hinzu.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte sich im vergangenen Jahr für eine Verlängerung der Übergangsfrist auf zwei Jahre für Kommissare sowie drei Jahre für den Präsidenten ausgesprochen.

Auslöser war der umstrittene Wechsel seines Amtsvorgängers José Manuel Barroso zur Investmentbank Goldman Sachs. Der Portugiese hatte die vorgeschriebene Karenzzeit zwar eingehalten, dennoch löste der Wechsel zu dem für die Finanzkrise mitverantwortlichen Geldhaus Empörung aus. Für Aufsehen sorgten auch Wechsel anderer Kommissare zu Unternehmen wie Arcelor-Mittal, Uber, der Bank of America und Volkswagen.

Transparency sieht ein "Systemproblem" und verlangt Reformen, etwa eine "Abkühlperiode" von drei statt bisher anderthalb Jahren für ehemalige EU-Kommissare. Für Ex-Parlamentarier fordert die Organisation ein Lobbyverbot für die EU-Institutionen, solange sie noch ein Übergangsgeld aus Steuergeldern erhalten. Längerfristig plädiert Transparency für eine unabhängige Behörde, die mögliche Interessenkonflikte im Blick behalten soll. Als vorbildlich stuft sie Regelungen in Kanada und Frankreich ein.

stu/pab (afp, dpa)