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Transnistrien und Moldau weiter uneins

Robert Schwartz3. Juni 2016

In Berlin hat eine neue Runde der sogenannten 5+2-Gespräche zur Lösung der Transnistrien-Krise keine nennenswerte Annäherung der Konfliktparteien gebracht. Die OSZE unter deutschem Vorsitz bleibt aber zuversichtlich.

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Monument mit Staatswappen von Transnistrien (Foto: picture alliance/dpa)
Nicht anerkannte Republik: Monument mit Staatswappen von TransnistrienBild: picture-alliance/dpa/M.Becher

Zwei Jahre lang hatte es kein Treffen im 5+2-Format gegeben. Dazu gehören Vertreter der beiden Konfliktparteien - der Republik Moldau und der abtrünnigen Region Transnistrien - und als Vermittler die OSZE, Russland und die Ukraine sowie als Beobachter die EU und die USA. Dass die Parteien jetzt in Berlin zusammengekommen sind, muss als Erfolg der deutschen OSZE-Präsidentschaft gefeiert werden. Aber das ist dann auch die einzige freudige Botschaft nach diesen Gesprächen.

Trotz eines eindringlichen Appells des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier bleiben die Fronten verhärtet. "Nur wenn die Seiten sich gemeinsam auf die Lösung praktischer Fragen verständigen, kann Vertrauen wiederhergestellt werden und eine positive Dynamik zur Beilegung des Konflikts in Gang kommen. Beide Seiten sind aufgerufen, dieses Ziel nun entschlossen weiterzuverfolgen", sagte Steinmeier zu Beginn der Gespräche am Donnerstag. Doch sowohl die Moldau als auch Transnistrien sind weit entfernt von den Vorstellungen des deutschen Außenministers.

Historische Belastung

Die historische und geopolitische Vorgeschichte der gesamten Region an der östlichen EU-Grenze ist alles andere als geeignet, das Vertrauen zwischen den Parteien zu beflügeln. Die Republik Moldau entstand aus Teilen der ehemaligen Provinz Bessarabien, die 1940 durch den Hitler-Stalin-Pakt von Rumänien abgetrennt und Teil der Sowjetunion wurde. Zur neu gegründeten Sowjetrepublik Moldawien gehörte auch Transnistrien, eine Region jenseits des Flusses Dnjestr, mit einer überwiegend russischen und ukrainischen Bevölkerung.

Die Verhandlungspartner in Berlin (von links): Gheorghe Balan, Republik Moldau; Cord Meier-Klodt, OSZE-Sonderbeauftragter für Transnistrien; Michael Scanlan, Chef der OSZE-Mission in der Republik Moldau; Vitaly Ignatiev, Transnistrien (Foto: DW/Schwartz)
Die Verhandlungspartner in Berlin (von links): Gheorghe Balan, Republik Moldau; Cord Meier-Klodt, OSZE-Sonderbeauftragter für Transnistrien; Michael Scanlan, Chef der OSZE-Mission in der Republik Moldau; Vitaly Ignatiev, TransnistrienBild: DW/R. Schwartz

Als die Republik Moldau nach dem Zerfall der Sowjetunion ihre Souveränität erklärte, spaltete sich die Region Transnistrien nach blutigen Kämpfen Anfang der 1990er Jahre ab und gründete eine eigene Republik, die bis heute international nicht anerkannt wird. Die ehemalige sowjetische 14. Armee hatte sich im Krieg auf die Seite Transnistriens gestellt. Bis heute sind in der abtrünnigen Region russische Truppen stationiert, obwohl sich Moskau bereits 1999 vertraglich verpflichtet hatte, diese abzuziehen.

Gespaltenes Land

Durch den Krieg im Osten der Ukraine und Russlands Annexion der Krim hat sich die ohnehin angespannte Lage in der gesamten Region dramatisch verschärft. Hinzu kommt, dass die Republik Moldau geprägt ist von einer innenpolitischen Dauerkrise, Korruption und Machtkämpfen konkurrierender Oligarchen und sich zunehmend von einem demokratischen Rechtsstaat entfernt. Enttäuscht von ihren sogenannten pro-europäischen Regierungen schenken immer mehr Moldauer den pro-russischen Sozialisten ihr Vertrauen. Die Euphorie, die 2014 nach Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU und der Visafreiheit für Moldauer in der EU geherrscht hat, ist inzwischen verpufft.

Russische Militärparade in Transnistriens Hauptstadt Tiraspol am 9. Mai, dem russischen 'Tag des Sieges' (Foto: DW/Weident)
Enge Verbindung: Russische Militärparade in Transnistriens Hauptstadt Tiraspol am "Tag des Sieges"Bild: independent.md

Laut jüngsten Umfragen unterstützen nur noch knapp 30 Prozent der Bevölkerung einen pro-europäischen Kurs der Regierung. Sozialistenführer Igor Dodon hat nach allen Umfragen die größten Chancen, die Präsidentschaftswahlen im Herbst zu gewinnen. Dodon, der von Moskau unterstützt wird, träumt laut von einer Föderalisierung der Republik Moldau. Dann würde Transnistrien wieder ins moldauische Staatsgebilde zurückkehren, allerdings mit einer ausgeweiteten Autonomie. Damit wäre auch eine mögliche Wiedervereinigung der Moldau mit Rumänien vom Tisch, wie Unionisten sie sowohl in der moldauischen Hauptstadt Chisinau als auch in der rumänischen Hauptstadt Bukarest anstreben.

Doch in Chisinau macht ein weiteres Szenario die Runde. Es handelt sich um einen möglichen Deal zwischen der EU und Moskau, bei dem Transnistrien sich selbst überlassen bliebe und im Gegenzug ein moldauischer "Rumpfstaat" seinen europäischen Weg gehen könnte. Welche Variante letztendlich die politische Realität der nächsten Jahre prägen wird, ist offen.

Zarte Zuversicht

"Der pro-europäische Weg der Republik Moldau darf nicht an Transnistrien scheitern", erklärte der Bundestagsabgeordnete Bernd Fabritius (CSU) in einem DW-Gespräch nach seiner Rückkehr aus der Republik Moldau. Fabritius hat als Berichterstatter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vor wenigen Tagen die Region bereist.

CSU-Abgeordneter Bernd Fabritius (Foto: Büro Fabritius/Bundestag)
Sieht Demokratiedefizite in der Moldau: Bernd FabritiusBild: Büro Dr. Bernd Fabritius, MdB/Deutscher Bundestag

Er ist davon überzeugt, dass das Assoziierungsabkommen zu einer soliden und guten Partnerschaft führen kann, die einen "moldauischen" Weg offen lässt und gleichzeitig gute Verbindungen zur eurasischen Nachbarschaft ermöglicht. "In diesem Szenario wäre Transnistrien kein Hindernis", so der Abgeordnete. Negativ für den europäischen Kurs der Republik Moldau wirke sich hingegen aus, dass es mit der Rechtsstaatlichkeit, dem Kampf gegen Korruption und der Gewaltenteilung im Land bergab gehe, sagte Fabritius.

Noch ist die OSZE unter deutschem Vorsitz zuversichtlich, dass die beiden Konfliktparteien aufeinander zugehen und Schritt für Schritt die Krise entschärfen. In Berlin wurde ein Protokoll unterzeichnet, in dem sich beide Seiten verpflichten, konkrete Fragen der technischen Zusammenarbeit zügig umzusetzen. Vorerst geht es um kleine Projekte, die das Leben der Menschen auf beiden Seiten des Dnjestr verbessern sollen. Ein nächstes Treffen im 5+2-Format soll bald folgen. Doch ein genaues Datum dafür gibt es nicht.