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Transnistrien setzt Friedensgespräche mit der Republik Moldau aus

9. März 2006

Der Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien spitzt sich zu. Die Führung von Transnistrien hat die Friedensgespräche unterbrochen. Grund dafür ist ein Streit um Zollregelungen an der Grenze zur Ukraine.

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Seit Dienstag (7.3.) sind die Friedensgespräche zwischen der moldauischen Regierung und der abtrünnigen Region Transnistrien wegen eines Streites über Zollregelungen ausgesetzt. Die Führung der selbsternannten Republik Transnistrien reagierte damit auf eine Maßnahme der Ukraine, die in Absprache mit EU und OSZE den Transit von Waren aus der Region nur noch zulässt, wenn dafür offizielle Zollpapiere der Republik Moldova vorliegen. Die neuen Zollregelungen waren in einer gemeinsamen Erklärung der Ukraine und der Moldau am 30. Dezember 2005 beschlossen worden und sind seit dem vergangenen Wochenende in Kraft.

Präsident droht mit Haftstrafen

Die Lage an der moldauisch-ukrainischen Grenze ist seitdem extrem angespannt. Igor Smirnow, der Präsident der selbsternannten Republik Transnistrien, drohte allen Fabrikleitern in der Region mit hohen Gefängnisstrafen, falls diese bei den Behörden in Moldova die notwendigen Exportgenehmigungen beantragen sollten. Für den 10. März kündigte Smirnow eine Großdemonstration in Tiraspol an. Fabriken wurden geschlossen, damit die Arbeiter sich an den Protestaktionen beteiligen können.

Wirtschaftsblockade oder Fortschritt?

Während Transnistrien der Republik Moldau und der Ukraine eine Wirtschaftsblockade vorwirft, begrüßten die OSZE, die Europäische Union und die USA die neuen Regelungen zur Zollkontrolle. Ihrer Meinung nach sind sie ein wichtiger Schritt, um den illegalen Warentransfer an der Grenze zu unterbinden. Javier Solana, der EU-Außenbeauftragte der Europäischen Union, warnte die Führung in Tiraspol, sie „beginge einen schwerwiegenden Fehler“, wenn sie die Unternehmen in Transnistrien zwinge, illegale Wege zu beschreiten.

Chaotische Zustände im Grenzgebiet

Korrespondenten des Rumänischen und Ukrainischen Programms der Deutschen Welle berichten von chaotischen Zuständen an der Grenze. Derzeit sind am Grenzbahnhof Kutschurgany mehr als 1.500 Eisenbahn-Waggons gestoppt. Sie werden nicht über die Grenze gelassen, weil für sie die notwendigen Begleitpapiere des moldauischen Zolls fehlen. Eine ähnliche Situation ist auch in der Grenzsstadt Bendery zu beobachten.

Der Leiter der Stiftung für Menschenrechte in Transnistrien, Georgij Wolowoj sagte Deutschen Welle, die Machthaber vor Ort würden die Einwohner zu Protestaktionen drängen: „In Transnistrien herrscht gewaltiger Aufruhr. Die Medien, vor allem die offiziellen, sprechen von der Gefahr einer humanitären Katastrophe und von einer traurigen Zukunft.“

Stimmungsmache gegen die Ukraine

Georgij Wolowoj zufolge machen die Medien vor Ort vor allem die Ukraine für die Lage verantwortlich. Die Führung in Transnistrien schüre diese Stimmung: „Dieser Rummel wird natürlich von der Staatsmacht gefördert. Die Republikführung hat erklärt, die Wirtschaftsunternehmen bräuchten keine vorübergehende Registrierung in Moldova und forderte alle auf, bis zum Ende auszuhalten.“

OSZE appelliert an Transnistrien

Der moldauische Premier Vasile Tarlev wies unterdessen den Vorwurf einer Wirtschaftsblockade Tiraspols zurück. Er sagte, die neuen Regelungen würden Bedingungen für eine legale Tätigkeit transnistrischer Unternehmen schaffen und die Schattenwirtschaft und den Schmuggel bekämpfen. In einem Interview mit dem Russischen Programm der Deutschen Welle sagte der Pressesprecher der OSZE-Mission in Moldova, Claus Neukirch: „ „Nach dem Verständnis der Mission handelt es sich bei den Maßnahmen, die von ukrainischer Seite seit dem 3. März getroffen werden, um Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die Transparenz und die Abfertigung auf Grundlage internationaler Standards an dem transnistrischen Grenzabschnitt der moldauisch-ukrainschen Grenze sicherzustellen. In diesem Zusammenhang haben wir in einer Erklärung bereits die transnistrischen Unternehmen aufgefordert, die Registrierung vorzunehmen. Wir haben in der gleichen Erklärung die transnistrischen Behörden aufgefordert, keinerlei Hindernisse aufzustellen im Zusammenhang mit diesem Registrierungsprozess und wir haben des weiteren die transnistrischen Autoritäten auch aufgefordert, von Maßnahmen abzusehen, die den freien Waren- und Personenverkehr in der Region behindern.“

Russland unterstützt in dem Konflikt Transnistrien. Demonstrativ besuchte eine Delegation des russischen Außen- und Verteidigungsministeriums nach Ausbruch der Krise die Führung in Tiraspol. Seit dem Bürgerkrieg vor 14 Jahren hat Russland gegen internationale Abkommen noch immer Militär in Transnistrien stationiert. Moldova drängt bisher vergeblich auf einen Abzug der Truppen.

Bernd Johann

DW-RADIO/Ukrainisch, 8.3.2006, Fokus Ost-Südost