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Toyota-Chef bittet erneut um Entschuldigung

5. Februar 2010

Klemmende Gaspedale, versagende Bremsen - Toyota kommt nicht aus den Schlagzeilen. Weltweit müssen Millionen Autos in die Werkstätten. Am Freitag bat der Präsident von Toyota die Kunden um Entschuldigung.

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Das ToyotaLogo auf der Haube eines Land Cruiser (Foto: AP)
Bild: AP

Er sei "tief betroffen" angesichts der Probleme und der Besorgnis der Kunden, sagte Akio Toyoda am Freitag (05.02.2010) bei einer Pressekonferenz. Zudem warb der Enkel des Firmengründers um Vertrauen und kündigte an, Toyota werde seine Produktion künftig schärferen Qualitätsstandards unterwerfen. Bereits Ende Januar hatte sich Toyoda am Rande des Weltwirtschaftsforums im Schweizerischen Davos öffentlich entschuldigt.


Gerade erst zum weltgrößten Autobauer aufgestiegen, steckt Branchenprimus Toyota in der wohl größten Krise seiner Firmengeschichte. Bisher galten die Japaner – belegt durch regelmäßige Spitzenplätze in den Pannenstatistiken - als besonders zuverlässig und sicher. Doch der mit dem Slogan "Nichts ist unmöglich!" seit Jahren aufgebaute Ruf droht nun durch die bisher größte Rückrufaktion in der Konzerngeschichte nachhaltig beschädigt zu werden. Auch in Deutschland sind viele Toyota-Besitzer stark verunsichert. Berichte über tödliche Verkehrsunfälle von Toyota-Fahrern in den USA tun ihr Übriges. Nach Angaben eines Sprechers rufen derzeit jede Stunde etwa 75 besorgte Kunden in der Kölner Toyota-Zentrale an.

Acht Modelle sind betroffen

Inzwischen teilte Toyota Deutschland mit, dass hierzulande knapp 216.000 Pkw wegen defekter Gaspedale in die Werkstätten müssen. Acht Modelle seien davon betroffen. Für Europa wurde der Rückruf von bis zu 1,8 Millionen Fahrzeugen angekündigt. Weltweit seien mehr als acht Millionen Fahrzeuge wegen der Probleme mit den Gaspedalen betroffen. Der Image-Schaden ist gewaltig, zumal Vorwürfe laut wurden, die Europazentrale des Autobauers habe bereits 2007 von den Problemen mit den klemmenden Gaspedalen gewusst, aber nichts unternommen. Doch damit nicht genug. Nun gibt es auch noch Probleme mit den Bremsen beim Hybrid-Modell Prius. Firmenchef Toyoda sagte am Freitag, das Unternehmen prüfe einen Rückruf der Wagen. Der Prius gilt als Pioniermodell der Hybrid-Technologie und war im vergangenen Jahr das bestverkaufte Auto des Konzerns.

Toyota Prius, die "Mutter aller Hybrid-Autos" hat Bremsprobleme. (Foto: Toyota)
Prius mit BremsproblemenBild: Toyota

Es scheint, als ob Toyota ausgerechnet sein Erfolgsrezept zum Verhängnis geworden ist: Wie kaum ein anderer Hersteller haben es die Japaner verstanden, einmal entwickelte Bauteile in Dutzenden unterschiedlicher Modelle auf der ganzen Welt einzusetzen. Macht die Technik Probleme, sind die Folgen unüberschaubar. Allein das Rückruf-Debakel wegen der Gaspedale dürfte die Japaner teuer zu stehen kommen. Der Konzern rechnet insgesamt mit Kosten von bis zu 1,4 Milliarden Euro - für die Reparatur der Wagen und durch sinkende Verkäufe. Auch an der Börse musste Toyota zwischenzeitlich deutlich Federn lassen. So schrumpfte der Wert von Toyota innerhalb weniger Tage um rund 15 Milliarden Euro. Inzwischen konnte sich der Aktienkurs aber wieder leicht erholen. Branchenexperten rechnen trotzdem damit, dass die Pannenserie Toyota erhebliche Marktanteile kosten wird. Es wird erwartet, dass allein in den USA der Anteil bei den Verkäufen in den USA auf den niedrigsten Stand seit 2006 fällt.

Technische Mängel – nicht nur ein Toyota-Problem

Durch die weltweite Vernetzung der Automobilbranche steckt aber nicht nur Toyota in der Klemme. So hat es auch den französischen Konzern PSA Peugeot Citroën erwischt. Wegen der Verwendung baugleicher Teile in einigen Modellen wurden ebenfalls Rückrufe notwendig.

Außerdem hat nach Toyota jetzt auch der US-Autobauer Ford Probleme mit den Bremsen bei einigen seiner Hybrid-Modelle eingeräumt und seinen Kunden eine Überprüfung der Fahrzeuge angeboten. Erst im Oktober 2009 hatte Ford ein kleiner Schalter die bislang größte Rückrufaktion seiner Geschichte beschert. Weil ein defekter Geschwindigkeitsregler Feuer auslösen kann, musst der Hersteller in den USA 4,5 Millionen ältere Modelle zurückrufen. Von dem seit langem bekannten Defekt des Tempomat-Schalters waren damit seit 1999 insgesamt rund 16 Millionen Fahrzeuge betroffen.

Auch andere Hersteller mussten in der Vergangenheit immer wieder Fahrzeuge wegen möglicher Sicherheitsgefahren in die Werkstätten zurückrufen. Mehrfach waren mehr als eine Million Wagen betroffen. Im März 2005 rief DaimlerChrysler weltweit 1,3 Millionen Mercedes-Personenwagen zur Überprüfung von Elektronik und Bremsen in die Werkstätten zurück. Ein anderes Beispiel: Wegen eines Motordefekts orderte der japanische Autobauer Nissan im Oktober 2003 weltweit 2,6 Millionen Fahrzeuge zurück. Betroffen waren 25 Modellreihen, die zwischen April 1998 bis September 2003 hergestellt und auch in Deutschland verkauft wurden.

Deutscher Automarkt leidet weiter unter der Krise

Dunkle Wolken über dem Mercedes Stern auf dem Dach der Daimler AG in Stuttgart. (Foto: AP)
Premiummarke in der KriseBild: AP

Viel schlimmer als technische Probleme und Rückrufaktionen wirkt sich in Deutschland aber nach wie vor die Krise der gesamten Automobilbranche auf die Absatzentwicklung aus. Mit rund 181.000 Neuzulassungen sei im Januar 2010 das schwächste Ergebnis seit der Wiedervereinigung erzielt worden, teilte der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) mit. Verglichen mit dem bereits schwachen Januar des Vorjahres fuhren nochmals 4,3 Prozent weniger Neuwagen aus den Autohäusern.

Doch für die meisten Hersteller soll es im Verlauf des Jahres noch heftiger kommen. "Das dicke Ende kommt erst", meint zum Beispiel der "Auto-Professor" und Chef des CAR-Centers an der Uni Duisburg, Ferdinand Dudenhöffer, einer der namhaftesten Branchenexperten in Deutschland. So hätten viele Kunden im vergangenen Jahr wegen der staatlichen "Abwrackprämie" früher ein neues Auto gekauft als ursprünglich geplant. Diese vorgezogenen Käufe fehlten der Branche nun. Hinzu komme die Angst vor Arbeitslosigkeit, die viele Verbraucher vor größeren Anschaffungen zurückschrecken lasse. Der Wirtschaftserholung, die von Ökonomen und der Bundesregierung für dieses Jahr vorhergesagt wird, trauten viele nicht, so Dudenhöffer.

VW-Produktion in Wolfsburg: Blick in die Werkshalle. (Achivbild: AP)
VW-Produktion in WolfsburgBild: AP

Die Abwrackprämie hatte der Branche 2009 laut VDIK einen Absatz von 3,8 Millionen Neuwagen beschert. Besonders Kleinwagen waren gefragt. Das spiegelt sich jetzt in den aktuellen Zahlen wieder. Nach dem kräftigen Plus der Kleinwagen im Vorjahr sank die Nachfrage im Januar überproportional mit minus 7,6 Prozent. Die privaten Zulassungen sanken auf 42 Prozent.

Als einziger deutscher Autobauer konnte VW die Neuzulassungen laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zum Jahresanfang um fast elf Prozent steigern. Den Negativtrend bekommen vor allem die Premium-Autobauer wie Daimler, Porsche und Co zu spüren. Im ersten Monat des Jahres registrierten sie auf dem heimischen Markt einen Rückgang von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Weil die Hersteller für das laufende Jahr im Inland weiter mit schwierigen Zeiten rechnen, ruhen die Hoffnungen auf dem Ausland. Nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) wurden im Januar rund 265.000 deutsche Fahrzeuge ins Ausland verkauft, ein Zuwachs von 18 Prozent.

Autor: Manfred Böhm (dpa, DAPD, rtr)

Redaktion: Andreas Becker