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Tote bei Anschlag in Minsker U-Bahn

12. April 2011

Bei einer Explosion in der Metro der weißrussischen Hauptstadt sind mindestens zwölf Menschen getötet worden. Präsident Lukaschenko spricht von einem Terroranschlag. Regierungskritiker haben eine andere Vermutung.

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Ein Opfer wird abtransportiert (Foto: AP)
Am Ort der Explosion herrschte ChaosBild: AP

In Internetblogs war am Montagabend (11.04.2011) in ersten Reaktionen die Rede davon, dass die weißrussische Führung versuche, von den schweren innenpolitischen Problemen des Landes abzulenken. Weißrussland steht vor dem Staatsbankrott und wartet auf einen Milliardenkredit aus dem benachbarten Russland.

Bei der Explosion, die sich mitten im Berufsverkehr ereignete, kamen nach Medienberichten mindestens zwölf Menschen ums Leben, mehr als 120 weitere wurden verletzt. Viele Opfer seien mit Verbrennungen und offenen Wunden auf Tragen weggebracht worden, meldete die unabhängige Agentur Belapan. Fernsehbilder zeigten die stark beschädigte U-Bahn-Station Oktjabrskaja. Zwei weitere Haltestellen wurden zeitweise gesperrt.

Behörden gehen von Terroranschlag aus

Die Behörden der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik sprachen von einem Terroranschlag. Präsident Alexander Lukaschenko berief eine Krisensitzung ein. Der oft als "letzter Diktator Europas" bezeichnete Staatschef legte an der Station Blumen nieder und befahl, die Sicherheitsvorkehrungen in dem ohnehin schon scharf kontrollierten Land noch zu verstärken. Der Ausgang der Metrostation führt zum Büro und zur Residenz Lukaschenkos. Das Gebäude des Nationalen Sicherheitsrats liegt ebenfalls in der Nähe.

Lukaschenko wollte nicht ausschließen, dass der tödliche Anschlag, den er ironisch ein "Geschenk" nannte, "aus dem Ausland" organisiert worden sei. "Aber wir müssen auch bei uns suchen", fügte er hinzu. "Ich habe Sie gewarnt, dass man uns nicht in Frieden leben lassen würde." Lukaschenko hatte bereits nach Massenprotesten gegen seine umstrittene Wiederwahl im vergangenen Dezember von einer "ausländischen Verschwörung" gesprochen.

Russland sagt Unterstützung zu

Am Unglücksort waren Mitarbeiter des weißrussischen Geheimdienstes KGB zugange. Nach Angaben der Agentur RIA Novosti übergab Lukaschenko dem Chef des Dienstes persönlich die Verantwortlichkeit für die Ermittlungen. "Die Schuldigen müssen so bald wie möglich gefunden werden. Dreht das ganze Land um", sagte er demnach.

Lukaschenko nahm zudem in einem Telefonat mit Russlands Präsident Dmitri Medwedew ein Angebot für den Einsatz russischer Ermittlungsbehörden an. Russland sei bereit, den Opfern des Terroranschlags alle notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, erklärte Medwedews Sprecherin Natalia Timakowa laut Itartass. Dazu gehöre auch die Behandlung von Opfern in russischen Krankenhäusern.

Wie das weißrussische Fernsehen berichtete, hatte die Bombe eine Sprengkraft von fünf bis sieben Kilogramm TNT. Nach ersten Ermittlungen sei der Sprengsatz unter einer Sitzbank auf dem Bahnsteig versteckt gewesen.

Politische Spannungen im Land

Die politischen Spannungen in Weißrussland haben seit einer Massendemonstration gegen Lukaschenko im Dezember zugenommen, bei der mehr als 700 Menschen festgenommen wurden, darunter auch sieben Präsidentschaftskandidaten. Bei der umstrittenen Wahl am 19. Dezember wurde Lukaschenko, der das Land seit 1994 mit eiserner Faust regiert, zum klaren Wahlsieger erklärt.

Im Juli 2008 waren in Minsk bei einem Bombenanschlag am Tag der Unabhängigkeit etwa 50 Menschen verletzt worden. Wenig später hatte der KGB vier Männer unter Terrorverdacht festgenommen. Sie sollen Mitglieder der nationalistischen Untergrundorganisation Weiße Legion gewesen sein. Der Fall wurde allerdings nie aufgeklärt.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, dapd, afp)
Redaktion: Walter Lausch