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Togo: Ein Land wartet auf Freiheit

Constantin Schreiber22. Februar 2005

In Togo spitzt sich die politische Situation zu: Die Menschen demonstrieren gegen den Clan von Ex-Präsident Eyadéma und fordern Demokratie und Freiheit. Ein Blick auf die wechselvolle Geschichte des Landes.

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Fordern Freiheit und Demokratie: Demonstranten in LoméBild: AP


"Sklavenküste" – so nannten Ende des 19. Jahrhundert die Deutschen die Region des heutigen Togo. Um 1880 gründeten hanseatische Unternehmen die ersten Faktoreien in dem Landstrich, 1884 schlossen die Deutschen einen so genannten Schutzvertrag mit der einheimischen Bevölkerung. Das war der Beginn der politischen Einheit "Togoland".

Die kleinste deutsche Besitzung in Afrika galt als Musterkolonie. Keine aufständischen "Wilden" wie in Deutsch-Südwest oder Ostafrika, die kurzen Entfernungen machten die Erschließung des Landes möglich. Die Erträge aus Baumwoll- und Kaffeeplantagen warfen Gewinne ab – als einzige deutsche Kolonie überhaupt, denn das Kolonialabenteuer war im wesentlichen ein Verlustgeschäft. Nur die Schlafkrankheit, eine tödlich verlaufende Seuche, störte den kolonialen Müßiggang in Togoland.

Unter der Kontrolle Frankreichs und Englands

Bis 1914 verlief die junge Geschichte Togos vergleichsweise ruhig. Doch dann geriet das kleine Land in die Wirren des Ersten Weltkrieges und in das Blickfeld der anderen, großen Kolonialmächte Frankreich und England. Togo bot wenig Reize. Bodenschätze gibt es nicht, das Land ist eines der kleinsten auf dem afrikanischen Kontinent und ist nicht einmal strategisch besonders günstig gelegen. Aber es ging darum, wer die Macht über Westafrika hat. Die Übernahme Togos war symbolisch wichtig. Das junge Togo wurde gespalten, der Westen fiel an England, der Osten an Frankreich.

1960 war das Jahr des "afrikanischen Frühlings", als der Großteil der Kolonien in die Unabhängigkeit entlassen wurde – auch Togo. Doch Frankreich wollte aus Prestigegründen das Sagen behalten – auch nach der Unabhängigkeit Togos. Es ging um das von der "Grande Nation" beanspruchte Vorrecht, auf dem afrikanischen Kontinent die Fäden in der Hand zu halten. Wirtschaftlich war Togo vom ehemaligen Mutterland abhängig, politisch wollte es nichts mehr mit ihm zu tun haben.

"Es war eine kleine, nationalistische Bildungselite, die in den 1930er Jahren in Deutschland ausgebildet wurde, die die Unabhängigkeit forderte. Sie wollten sich aus der Umklammerung Frankreichs lösen, dabei spielte die Nähe zu Deutschland eine große Rolle", sagt Ulf Engel vom Institut für Afrikanistik der Universität Leipzig.

Dunkles Kapitel Diktatur

1967 kommt das Militär an die Macht – und damit Oberstleutnant Gnassingbé Eyadéma. Es war der Beginn der längsten Diktatur Afrikas. Weltweit hielt sich nur Fidel Castro länger an der Macht. Unter Eyadéma verfiel Togo in eine Zeit des Staatsterrors. Togo ist geprägt von Unterdrückung und Kontrolle, von Folter von Verfolgung. Doch die Welt schaute weg.

"Da war Ruhe im Karton. Deshalb hat es niemanden interessiert", so Ulf Engel, "es war aus westlicher Sicht eine zivilisierte Diktatur. In Wirklichkeit wurden die Menschen unterdrückt und ermordet, keiner wagte, etwas zu sagen. Togo wurde zum Polizeistaat, in dem Folter herrscht. Und das hat sich nicht geändert."

Vor allem Eyadéma war es, der Togo während seiner 38-jährigen Herrschaft in das dunkelste Kapitel des Landes stürzte. Doch während das Ausland an den permanten Rechtsverstößen wenig Anteil nahm, während es lange Zeit wegschaute, wenn in Togos Gefängnissen politische Oppositionelle zu Tode gefoltert wurden, regt sich jetzt Widerstand - in Togo und im Ausland.

Informieren Sie sich auf der nächsten Seite über die wichtigsten politischen Ereignisse der letzten Wochen.

Tod eines Diktators

Am 5. Februar starb Gnassingbé Eyadéma, Präsident von Togo. Eyadéma herrschte in Togo mit eiserner Hand. Er missachtete fundamentale Menschenrechte, unterdrückte politische Opposition und die eigene Bevölkerung. Er trieb Togo international in die Isolation und richtete die Wirtschaft des Landes zugrunde.

Dem Diktator sollte sein Sohn, Faure Gnassingbé, nahtlos als Präsident nachfolgen. Eigentlich sehen die Gesetze Togos zwar vor, dass der Parlamentspräsident im Falles des Todes des Regierungschefs das Amt übernimmt und innerhalb von 60 Tagen Präsidentschaftswahlen abhalten lässt. Aber durch eine Verfassungsänderung wurde diese Regelung des Artikels 65 kurzerhand außer Kraft gesetzt und Gnassingbé jr. als Präsident installiert. Inzwischen musste die Regelung auf internationalen Druck zurückgenommen werden.

Proteste gegen Unfreiheit

Auf den Straßen der Hauptstadt Lomé demonstrieren die Menschen. Sie fordern Demokratie und sie fordern einen anderen Präsidenten. Die Medien in Togo stehen unter staatlicher Kontrolle. Sie zeigen die Menschenmassen in den Straßen und melden: "Sie kondolieren Faure Gnassingbé zum Tode seines Vaters".

Nach wachsendem internationalen Druck hat die Regierung mittlerweile die Sendeverbote gegen sechs private Radio- und Fernsehstationen aufgehoben. Gegen weitere drei Sender, die Mitte Feburar geschlossen worden waren, werde weiter ermittelt, erklärte der Vorsitzende der togoischen Vereinigung unabhängiger Radio- und Fernsehstationen, Jacques Djakouti, gegenüber Radio France Internationale.

Der Druck wächst

Erstmals nehmen sich auch größere Organisationen der desolaten Lage in dem kleinen Land an. Die Afrikanische Union, die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und die EU forderten den Rücktritt von Faure Gnassingbé und die "Rückkehr zur demokratischen Ordnung".

Am 19. Febuar hatte ECOWAS politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen Togo verhängt. Die Sanktionen umfassen die Aussetzung der ECOWAS-Mitgliedschaft Togos, ein Waffenembargo sowie ein Einreiseverbot für Vertreter der togoischen Führung.

Eine weitere Isolierung können sich die Machthaber in Lomé nicht erlauben. Hinzu kommt, dass sich in Togo keine ethnischen und religiösen Gruppierungen an die Macht klammern, wie in vielen anderen afrikanischen Ländern. Kein Stamm ist der Regierung besonders verbunden. "Zwar stammte Eyadéma aus dem Norden des Landes, der sich vom Süden Togos bewusst abgrenzt, aber in Togo gibt es keine rivalisierenden Gruppen", sagt Ulf Engel. "Es geht um einzelne Personen und es geht um Macht, die sie nicht loslassen wollen."