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Tod dem Honda!

Patrick Tippelt14. Februar 2005

Verbraucherschutz für Anfänger: Wenn das Gesetz nicht helfen kann, muss der Kunde in Thailand Nägel mit Köpfen machen - und sein mangelhaftes Auto notfalls selbst zerstören.

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Minutenlang zertrümmert Duenpen Silaket eines frischen Morgens ihren brandneuen Honda CRV, der sie stattliche 26.000 Euro gekostet hat. Mit einem Vorschlaghammer und einer schweren Schaufel haut die 26-jährige dermaβen auf Scheiben und die Motorhaube ein, dass sich das vorläufige Kennzeichen verbiegt. Später, als die Boutiquebesitzerin sich ein wenig beruhigt hat, legt sie einen Zettel auf den Fahrersitz. Die handschriftliche Notiz darauf: "Herzliches Beileid, Honda.“

Tatort Parkplatz

Selbst die normalerweise friedfertigen Thailänder finden sich von Zeit zu Zeit in Situationen wieder, die sie dazu zwingen, schwerste Geschütze aufzufahren. Duanpen ist schlicht der Kragen geplatzt: Seitdem sie letzten November ihren SUV beim Honda-Händler abgeholt hatte, bereitete ihr der Wagen nur Probleme. Mehrere Male, zuletzt dreimal im Januar, sah sie sich gezwungen, sich zur Werkstatt aufzumachen. Mal hatten sie laute Motorengeräusche beunruhigt, mal hatte sie das Auto nicht anlassen können. Der Honda hatte auch die Vorliebe, nach links zu scheren, im satten Berufsverkehr Bangkoks. Und jedesmal, wenn die Mechaniker das aktuelle Problem gerichtet hatten, war ein neues aufgetaucht. Bis Duanpen, wie gesagt, der Kragen platzte.

Duenpens Verzweiflungstat resultierte aus mehrfachen Gesprächen mit Honda Thailand; sie wollte zum Ende hin einfach ihren Wagen ausgetauscht bekommen. Honda Thailand aber sagte ihr, solche Probleme wie sie hätte kein Kunde vor ihr erlebt. Die Schuld müsse demnach bei ihr liegen, Honda könne keine Verantwortung übernehmen. Sie solle sich doch bitte an ihre Versicherung wenden.

Beschwerden sind sinnlos

Um in Thailand einen Führerschein zu erhalten, dreht man ein paar Runden auf einem Parkplatz und schiebt dem Fahrlehrer Geld hin. Aber selbst hier gibt es eine Art TÜV, und sogar eine nationale Verbraucherschutzbehörde existiert. Das Problem ist nur, dass diese Behörde jährlich weniger als 100 Beschwerden über mangelhafte Autos von Verbrauchern erhält - die Dunkelziffer liegt natürlich um einiges höher. Solch eine niedrige Zahl lässt sich erklären mit dem Mangel an hiesigen Verbraucherschutzgesetzen.

Thailand würde gerne den Titel "Detroit Asiens“ für sich beanspruchen. Immer mehr Autohersteller produzieren ihre Wagen hier. Allerdings hinkt das Gesetz dieser Entwicklung hinterher: es gibt - außer Abgasgrenzen - keinerlei Sicherheitsstandards für hier hergestellte und verkaufte Autos: Es fehlen jedwede Normen für Sicherheitssysteme, Bremsen, Airbags. Crash-Tests sind in Thailand unbekannt. Das Handelsministerium versucht seit Ewigkeiten, eine Schiedskommission ins Leben zu rufen, die Autos für verkehrstauglich erklären würde, aber der Vorschlag, der Thailands Sicherheitsstandards für Autos auf das Niveau Mexikos (ein weitaus bekannteres Beispiel für ein Dritte-Welt-Land, in dem Autos en masse hergestellt werden) heben würde, liegt irgendwo vergessen im Parlament.

Der Kunde Als Opfer

Als vollzeit-kapitalistisches Land hat Thailand eines der löchrigsten Verbraucherschutzgesetze der Welt. Hiesige Verbraucher sind Ausbeutungen und Vernachlässigungen durch Händler und Firmen dermaβen gewohnt, dass sie höchstens aufseufzen, wenn die von ihnen gekaufte Ware mangelhaft ist. Selbst wenn Duenpens Aktion mit dem Hammer die Autohersteller aufhorchen lässt, brauchen sie sich nicht zu fürchten. Es gibt zwar einige wenige, die der Honda-Zerstörung folgen - so zündete jüngst ein wütender Nissan Citro-Besitzer seinen Wagen an, weil der Motor des Autos durch einen Kurzschluss von selbst Feuer fing - aber bald schon wird sich dies legen, und Thailänder werden sich ihrem Verbraucherschicksal fügen. Auch in Thailand ist der Kunde König, denn er hat die Wahl der Qual. Allerdings ist er es nur solange, bis er für die Ware bezahlt hat - eine Zufriedensheitsgarantie erhält er nicht.