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Kölner Karneval in elf Schritten

Anne Termèche20. Februar 2014

DW-Moderatorin Katty Salié liebt die Karnevalszeit. Sich verkleiden, singen, schunkeln und das tagelang, von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch. Elf Fragen an eine, die sich auskennt. Alaaf!

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Hin & Weg-Moderatorin Kathy Salié beim Kölner Karneval
Bild: DW/K. Salié

Ich packe meinen Koffer und fahre nach Köln zum Karneval: Was muss rein?

Zur jecken Minimalausrüstung gehört natürlich eine Perücke. Hilfreich, wenn man sonst nichts hat, ist auch ein Lippenstift. Schnell einen roten Punkt auf die Nase gemalt, Herzchen auf die Wangen und schon ist man dabei. Auf keinen Fall vergessen: Kopfschmerztabletten.

Wie erklärt man einem Karnevalsfrischling, auf was er sich da einlässt?

Es ist der Ausnahmezustand des Frohsinns, negative Gedanken haben keinen Platz. Eine ganze Stadt feiert sechs Tage lang! Wo gibt es so was? Überall sind Menschen verkleidet, sogar Busfahrer, Verkäufer oder Bankangestellte. Das allerbeste ist der Kneipenkarneval. Jedes Brauhaus wird zum Tanzsaal. Mit Wildfremden schunkeln, tanzen, singen, Kölsch trinken und dabei die ganze Zeit das Gefühl haben, man sei zu Besuch bei guten Freunden.

Katty Salié DW Hin&weg-Moderatorin
So kennen die Zuschauer Katty Salié: Als Moderatorin des DW-Magazins Hin & wegBild: DW

Los geht es am Donnerstag mit der Weiberfastnacht. Was tun?

Dieser Tag ist ein Muss für alle Frauen, denn sie müssen kein einziges Kölsch selbst zahlen. Ab 11:11 Uhr wird Köln eine Partyzone, das Epizentrum liegt zwischen Altem Markt und Severinstorburg. Frauen haben an diesem Tag das Sagen und schneiden Männern einfach die Krawatten ab. Zum Trost dürfen die Männer "bützen", den Frauen ein Küsschen geben. Aber aufgepasst: Männer sollten auch an Karneval um Bütz-Erlaubnis bitten, nicht einfach losbützen. Da geht ohnehin genug.

Wenn es hart kommt, habe ich sechs Tage Party vor mir. Wie halte ich das durch?

Unbedingt ausschlafen, erst mittags losgehen und relativ früh wieder ins Bett. Naja, das klappt nicht immer. Für die Kondition ist wichtig - vor allem wenn man das ein oder andere Kölsch trinken möchte - unbedingt eine Grundlage schaffen: mit fettreichem Essen, da bieten sich süße Krapfen an, herzhafte Frikadellen tun es auch. Das Kostüm muss kneipentauglich sein, der Zwiebellook ist praktisch, da kann man immer etwas ausziehen. Die Kneipen sind hölleheiß. Wer als Hase im Ganzkörperplüsch durchhalten will, braucht ein gutes Deo. Es wird getanzt, bis das Wasser an den Fensterscheiben runterläuft. Bequeme Schuhe zum tanzen sind auch ein Plus.

Hin & Weg-Moderatorin Kathy Salié beim Kölner Karneval
Kaum wiederzuerkennen: Katty Salié als blonde StewardessBild: DW/K. Salié

Wo macht das Feiern besonders Spaß?

Ich tingele am liebsten durch die Kneipen der Südstadt. Das ist für mich Samba-Feeling im Winter. An der Severinstorburg fange ich an und lasse mich dann treiben. Einfach den anderen Jecken hinterher. Und da, wo schon Marienkäfer, Matrosen und Waldfeen geduldig anstehen, einfach dazureihen, Kölsch ausgeben lassen und schon vor dem Eintritt losfeiern. Egal wie voll es ist - und die Kneipen sind sehr voll, es wird auf Tischen und Bänken getanzt - trotzdem reingehen. Nicht schnurstracks, lieber ein bisschen schunkeln, tanzen. Und schon ist man drin.

Angenommen ich halte durch bis zum Abend. Was lohnt sich?

Wo soll man da anfangen? Schneeball Party, Humba Party, Rosa Ball, Kamellebud, Stunksitzung, Rote Funken Ball, Blaue Funken Ball, Köln Arena. Es gibt hunderte Events in kurzer Zeit. Wer zu einer festen Veranstaltung möchte, muss sich allerdings schon Monate vorher um Karten kümmern. Das ist definitv nichts für Spontanjecken. Die sind beim Kneipenkarneval besser aufgehoben.

Wenn Sitzung, dann welche?

Die Stunksitzung ist immer ein Genuss! Das sind vier Stunden Comedy, tolle Bühnenshow und Livemusik. Hinterher mischen sich die Comedians mit unters Volk und man feiert gemeinsam weiter. Mit Uniform, Klatschmarsch und Ufftata hat die Stunksitzung wenig zu tun. Das Ganze war ursprünglich als Gegenprogramm gedacht. In den 80er Jahren war es noch herrlich klein, provisorisch und total frech. Die "Stunker" hatten damals regelmäßig eine Klage am Hals wegen und auch mal von der katholischen Kirche. Inzwischen ist das Anarchomäßige verpufft, jetzt ist es super professionell und riesig: 1000 Leute am Abend und mehr. Aber Spaß macht es immer noch. Die Karten - und das ist die schlechte Nachricht - sind innerhalb von Stunden ausverkauft. Das ist also was fürs nächste Jahr!

Hin & Weg-Moderatorin Kathy Salié beim Kölner Karneval
Jacob Sisters mit Hund: Katty Salié (ganz links) und ihre Freundinnen haben stets originelle KostümideenBild: DW/K. Salié

Am Montag gibt es den Umzug. Was muss ich tun?

Warm anziehen und einen guten Platz am Weg sichern. Kindern sollte man keine Kamelle [Süßigkeiten, die von den Wagen abgeworfen werden] vor der Nase wegschnappen. Sonst gibt es Ärger mit den Eltern, die womöglich als Gorilla und fiese Hexe verkleidet sind. Und Augen auf beim Überqueren der Tram-Schienen! Ich persönlich bin ein Fan der kleinen Umzüge. Neben dem großen Rosenmontagsumzug hat jeder Stadtteil seinen "Veedelszoch". Das ist irgendwie privater, die meisten kennen sich. Wer in Köln Freunde besucht: Einfach mal checken, wann dort der Umzug stattfindet, sich einreihen und mitfeiern. Macht echt Spaß.

Was hat es eigentlich mit den Trommeln auf sich?

Die Trommeln signalisieren jedem Kölner, "et jeiht loss" - Karneval beginnt. Wenn dann auch noch das Lied "Wenn dat Trömmelche jeht" erklingt, steigen den Kölnern Tränen in die Augen. Für Nichtkölner ist diese kollektive Verzückung vielleicht schwer zu verstehen. Ich sag nur: Gänsehaut. Ganz klar führen Trommler den Rosenmontagszug an. Ich stehe auf die Sambatrommler. Die treffen sich an Weiberfastnacht an der Severinstorburg in der Südstadt und machen Stimmung. Das geht einem durch und durch.

Kölsche Lieder gehören zum Karneval wie Kamelle und Kölsch. Und was singe ich?

Keine Sorge, auch nicht alle Kölner sind textsicher. Ich empfehle meine Variante: bei allen Liedern kräftig mitsingen! Und im Notfall einfach einen Text erfinden. Es ist dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit, das die Lieder transportieren und das einen durch den Karneval trägt.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, pünktlich um Mitternacht, ist Karneval offiziell zu Ende. Geht da noch was?

Aber ja! Beim großen Abschluss, der Nubbel-Verbrennung. Der Nubbel ist sozusagen das strohgestopfte Übel des Karnevals. Jeder Veedel hat solche Figuren und die werden dann verbrannt. Und weil wir im katholischen Köln sind, werden so alle in der Karnevalszeit begangenen Sünden und Verfehlungen getilgt. Das Bützjekonto ist also schwuppdiwupp wieder auf Null und der Alltag kann beginnen.

Die Fragen stellte Anne Termèche. Mehr zur Sendung Hin & weg erfahren Sie hier.