Zu viele dicke Kinder
29. September 2009Auch den EU-Offiziellen ist klar: Kinder für gesundes Essen zu begeistern ist nicht ganz einfach. Selbst der 8-jährige Botschafter der neuen "Tasty Bunch Kampagne", Rosolino Cannio, antwortet auf die Frage nach seinem Lieblingsessen zunächst einmal: "Lasagne", dicht gefolgt von "Fleisch".
Doch auf dem Vorplatz des EU-Kommissionsgebäudes isst auch er gerne ein paar geschälte Möhren. Rosolino ist der jüngste Mensch, der jemals die Straße von Messina - 3,6 Kilometer zwischen Sizilien und dem italienischem Festland - durchschwommen hat. Deshalb ist der sportliche Italiener als Botschafter der neuen EU-Initiative gegen Übergewicht bei Kindern ausgewählt worden.
Spielerisch zur gesunden Ernährung
Neben Körben mit Obst und geschälten Möhren spielen zwei Schulklassen ein Quiz zur gesunden Ernährung. Der 11-jährige Antonio aus Brüssel hat keine Probleme mit seinem Gewicht: "Grundsätzlich versuche ich, täglich fünf Portionen Obst und Gemüse zu essen, aber das macht natürlich nicht jeder." Rosenkohl mag er allerdings nicht. Ein paar Meter weiter schaut ein pummeliger Junge skeptisch auf seinen Apfel und seine Schulkameradin Hagaf gibt zu: "Ich esse nicht sehr oft Obst. Ich esse häufig Chips und trinke Limonaden."
Alle Kinder sind Gäste von EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel, die mit ihrer neuen Kampagne gesundes Essen fördern und Übergewicht bei Kindern reduzieren will. Insgesamt sollen in den nächsten acht Wochen 18.000 Schüler in 180 Schulen Besuch von den Bussen der "Tasty Bunch" - zu Deutsch "Geschmacksbande" - bekommen und so auf den Geschmack von Obst und Gemüse kommen.
Busse besuchen Schulen in sieben EU-Ländern
Die Busrouten führen nach Großbritannien und Irland, Belgien und Frankreich, Polen, Estland und Litauen. Laut EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel werden keine Institutionen für Übergewichtige angesteuert, aber es sei wichtig, "so viele Kinder wie möglich zu erreichen und auch den Eltern einige Ideen für eine gesunde Ernährung mitzugeben." In den Familien würden nämlich die Essgewohnheiten der Kinder geprägt.
Laut einer aktuellen Umfrage des EU-Statistikamtes haben drei Viertel aller Befragten den Eindruck, dass es heute mehr übergewichtige Kinder in der Europäischen Union gibt, als noch vor fünf Jahren. Tatsächlich leiden etwa 22 Millionen Kinder in der Union an Übergewicht, fünf Millionen von ihnen werden sogar als fettleibig eingestuft.
Mehr Bewegung, weniger Computerspiele
Gesund essen allein reiche nicht, so EU-Kommissarin Fischer Boel. Es komme auch darauf an, wie viel man sich bewegt: "Es gibt eine Tendenz bei einigen jungen Menschen, länger am Computer zu sitzen, als es gesund ist." Auch wenn das keine neuen Erkenntnisse sein mögen, so sei die Botschaft bei einigen der eingeladenen Schulkinder doch angekommen, sagt Sechsklässlerin Hagaf: "Vorher war es mir egal, ob ich viel Obst gegessen habe, aber jetzt haben wir gelernt, dass Obst essen sehr gesund ist, dass viele Vitamine drin sind und es war wirklich toll."
Ihre Lehrerin Annabelle Garcia will erst einmal abwarten, was die Kampagne der EU-Kommission über Spiel und Spaß hinaus tatsächlich bringt. "Ob es finanzielle Unterstützung geben wird oder Lieferungen von Obst an die Schulen. Dann würde es interessant."
Autorin: Susanne Henn
Redaktion: Julia Kuckelkorn