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Timoschenkos Freilassung gefordert

Alexander Sawizki / Markian Ostaptschuk30. April 2013

Die ukrainische Ex-Regierungschefin müsse jetzt freikommen, fordern deutsche Politiker nach dem Richterspruch in Straßburg. Die Opposition in der Ukraine sieht das auch so. Aber es gibt Widerstand in Kiew.

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Demonstration von Julia Timoschenkos Anhängern (Foto: dpa)
Bild: dapd

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) verlangen Politiker in Deutschland und der Ukraine die Freilassung der ehemaligen ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko. "Ich fordere die ukrainischen Behörden auf, Frau Timoschenko freizulassen. Sie muss endlich dringend notwendige medizinische Versorgung in Freiheit erhalten", erklärte gegenüber der Deutschen Welle Michael Gahler, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament.

Auch Viola von Cramon, Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen für die EU-Außenbeziehungen, begrüßte das Urteil und forderte Timoschenkos Rehabilitierung. "Es gab keinen juristischen Grund, sie zu inhaftieren", sagte von Cramon der DW. Eine Freilassung der Oppositionspolitikerin wäre ein wichtiger Schritt für die Unterzeichnung und Ratifizierung des angestrebten Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union, so die deutsche Politikerin.

Ukrainische Opposition fordert Sanktionen

Timoschenko müsse jetzt freigelassen werden, verlangt in der Ukraine deren Partei 'Vaterland'. In einer Erklärung heißt es, die ukrainische Regierung müsse nun ihre Zusagen umsetzen, die sie beim EU-Ukraine-Gipfel Ende Februar gemacht habe. Zudem verlangt die Oppositionspartei, die Beamten zu bestrafen, die für politisch motivierte Prozesse in der Ukraine verantwortlich seien. So solle die EU Sanktionen gegen die Staatsanwälte Renat Kusmin und Lilia Frolowa sowie den Richter Rodion Kirejew verhängen. Mit ihrem Vorgehen gegen Timoschenko hätten sie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, so Timoschenkos Partei.

Staatsanwalt Renat Kusmin hält Dokumente in den Händen (Foto: AFP PHOTO/ SERGEI SUPINSKY)
Staatsanwalt Renat Kusmin: Timoschenkos Partei fordert EU-Sanktionen gegen den JuristenBild: AFP/Getty Images

Bei der regierenden 'Partei der Regionen' stoßen solche Positionen auf Unverständnis. Der Rechtsexperte der Partei, Wolodymyr Olijnyk, betonte im Gespräch mit der DW, Timoschenko könne nicht freigelassen werden. Dabei verwies er auf laufende Ermittlungen gegen sie wegen weiterer Straftaten. "Wenn gegen eine verurteilte Person weiter ermittelt wird, dann muss in diesen Verfahren entweder die Unschuld festgestellt oder die Sache eingestellt werden. Nur dann ist eine Begnadigung möglich", so der Abgeordnete.

Experten in der Ukraine weisen darauf hin, dass der Fall Timoschenko ein großes Hindernis in den Beziehungen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union ist. Wenn die ukrainische Führung auf das Urteil des EGMR nicht reagiert, wird es ihr schwer fallen, die EU zu überzeugen, das angestrebte Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen, meint Serhij Taran vom Kiewer Internationalen Institut für Demokratie. Er hält es aber für möglich, dass die ukrainischen Behörden das EGMR-Urteil nur formal oder teilweise umsetzen. So könnte Timoschenko eine Entschädigung für die Untersuchungshaft ausgezahlt bekommen, aber im Gefängnis bleiben, da sie rechtskräftig verurteilt wurde.

Willkürliche Untersuchungshaft

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte am Dienstag (30.04.2013) festgestellt, dass die Ukraine im Fall Timoschenko Menschenrechte verletzt hat. So sei unter anderem die Untersuchungshaft der Ex-Regierungschefin willkürlich gewesen. Das Gericht wies allerdings Timoschenkos Beschwerde wegen Misshandlungen und schlechten Haftbedingungen ab.

Richter des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Foto: FREDERICK FLORIN/AFP/GettyImages)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte rügt die ukrainische JustizBild: Getty Images

Die 52-jährige Oppositionspolitikerin war im August 2011 in Untersuchungshaft genommen worden. Zweieinhalb Monate später wurde sie wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft und umgerechnet 137 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Timoschenko bei der Unterzeichnung von Gasverträgen mit Russland im Jahr 2009 ihre Kompetenzen als Regierungschefin überschritten habe. Timoschenkos Anwälte sahen für den Prozess gegen die Hauptgegnerin von Präsident Janukowitsch jedoch politische Motive. Auch EU-Vertreter kritisieren eine selektive Justiz gegen Oppositionspolitiker in der Ukraine. Dies sei eines der Haupthindernisse für die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit Kiew, heißt es in Brüssel. Wegen der innenpolitischen Lage in der Ukraine liegen die Verträge seit Monaten auf Eis.