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Timo Boll goes China

Das Gespräch führte Klaudia Prevezanos13. Mai 2006

Im Sommer spielt Timo Boll im Tischtennis-Land China. Im Interview mit DW-WORLD.DE erzählt der zweitbeste Tischtennis-Spieler der Welt, warum er eine chinesische Homepage aufbaut und auch Chinesisch lernen will.

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Linkshänder Boll bei der Mannschafts-WM in Bremen im AprilBild: picture-alliance/dpa

DW-WORLD.DE: Sie spielen mit Ihrem Verein TTV Gönnern im Champions-League-Finale gegen den belgischen Verein Charleroi. Sind Sie froh, dass bei diesem Wettkampf keine Chinesen dabei sind?

Timo Boll
Träumt von einer Olympia-Medaille in Peking: Timo BollBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Timo Boll: Gegen Chinesen ist es immer sehr schwer zu spielen, sie sind halt die stärksten Spieler der Welt. Aber ich messe mich immer sehr gerne mit ihnen, weil das gute Fights sind, und die Spiele bringen mich auch immer weiter. Deshalb ist es schade, dass keiner dabei ist.

Was ist Ihr Ziel für Peking 2008? Und für die Deutsche Mannschaft?

Ich habe noch keine Medaille bei Olympia gewonnen, darum wäre es ein großes Ziel, das im Land des Tischtennissports zu erreichen. Es wäre ein Traum für mich, in Peking mindestens eine Medaille zu holen. Mit der Mannschaft müssen wir uns erstmal qualifizieren. China ist der große Favorit, vor allem mit drei Topspielern. Aber ich denke, wir haben auch bei der Mannschafts-WM im April in Bremen gezeigt, dass wir einigermaßen mithalten können und zu den besten Mannschaften der Welt gehören. Aber China wird auf jeden Fall die Goldmedaille gewinnen.

Sie spielen im Sommer zum zweiten Mal eine Sommersaison für einen chinesischen Verein. Warum?

Ich habe das im vergangenen Jahr schon einmal getestet. Allerdings nur für drei Spiele, damals war ich knapp zwei Wochen dort. Das hat mir ganz gut gefallen und ich habe auch einige gute Erfahrungen gemacht. Sowohl menschlicher Art als auch beim Tischtennis. Darum kann ich mir das dieses Jahr wieder vorstellen. Es werden sogar zehn Spiele sein und ich bin etwa sieben Wochen dort. Es geht zum einen um den Trainingseffekt, zum anderen hat man auch einen kleinen Nebenverdienst. Aber ich möchte in der Zeit auch ein bisschen Chinesisch lernen. Ich habe dann einen persönlichen Lehrer und werde jeden Tag ein bisschen die Sprache büffeln.

Sie sind in China sehr bekannt. Haben Sie dort auch eine richtige Fangemeinde?

Einen chinesischen Fanclub habe ich noch nicht. Aber ich möchte eine neue Homepage aufbauen, die auch auf Chinesisch sein wird. Und da wird dann hoffentlich auch der erste Timo-Boll-Fanclub gegründet.

Wer ist denn Zielgruppe für die chinesische Website: Tischtennisfans oder Sponsorenpartner?

Beides, das kann man ja sehr schön verbinden. Zum einen wollen wir die chinesischen Fans mit aktuellen Informationen bedienen, und die beste Form ist dafür das Internet. Ich habe selbst über meine deutsche Homepage schon sehr viele Zugriffe aus China gehabt, darum bietet es sich an, eine auf Chinesisch zu machen. Im Sommer soll die Seite erreichbar sein, optimal wäre es zu meinem Besuch in China. Bei den chinesischen Sponsoren hoffe ich halt, dass für mich als den großen Konkurrenten auch noch etwas übrig bleibt.

Werden Sie in China eigentlich erkannt, wenn Sie unterwegs sind?

Ich werde wesentlich öfter erkannt als in Deutschland. Das fängt eigentlich immer schon bei der Passkontrolle an. Aber auch in den Städten ist das so. Die Veranstalter raten uns schon, dass wir eigentlich immer jemanden dabei haben sollten, wenn wir rausgehen, weil das doch ein bisschen gefährlicher sein kann. Man könnte denken, dass chinesische Fans zurückhaltender sind, aber das ist eher umgekehrt der Fall. Wenn die ein Autogramm wollen, wird es auch schon mal ein bisschen handgreiflich. Aber es macht immer Spaß in China zu spielen, und ich fahre gerne hin. Es ist auch schön, die andere Seite kennen zu lernen. In Deutschland ist Tischtennis immer noch eine Randsportart. In China ist es mit Tischtennis eher so wie bei uns mit dem Fußball.

Unter welchen Umständen können Sie sich vorstellen, ganz zu einem chinesischen Verein zu wechseln?

So lange sich das kombinieren lässt, gefällt mir das eigentlich ganz gut: Dass ich im Sommer in China spiele und den Rest der Zeit hier. Ich hänge sehr an Deutschland, darum kann ich es mir im Moment noch nicht so richtig vorstellen. Aber wenn ich mir mein Geld hier nicht mehr verdienen kann, muss man es sich gut überlegen, ob man nicht auch mal eine ganze Saison dort spielt.

Was denken Sie, warum Tischtennis in Deutschland immer noch eine Randsportart ist?

Gute Frage, wir haben ja eine junge, erfolgreiche Mannschaft. Die Voraussetzungen sind eigentlich da. Es hängt ein bisschen an den Fernsehanstalten. Wenn sich da einer mal Tischtennis greifen und das ein bisschen pushen würde, dann könnte man Tischtennis sicher auch zur Mediensportart machen. Aber dazu hat sich leider noch keiner durchgerungen. Selbst in Bremen bei der Mannschafts-WM waren ja Verträge abgeschlossen für Live-Übertragungen. Und die wurden einfach nicht eingehalten. Obwohl wir gut gespielt haben. Obwohl es zu diesem Traumspiel China gegen Deutschland kam. Ich weiß auch nicht, was die noch mehr wollen.

Timo Boll ist nach dem Chinesen Wang Liqin die Nummer Zwei in der Tischtennis-Weltrangliste. Der 25-jährige Linkshänder aus Hessen ist zum siebten Mal Nationaler Deutscher Meister und zum zweiten Mal Worldcup-Sieger. Seit 1995 schlägt Boll für den TTV RE-BAU Gönnern auf. Vom 1. Juli bis 10. August 2006 spielt er nach seiner China-Premiere im Vorjahr nun für das Team Zhejiang Hongxiang aus Hangzhou. Die Spielerrichtlinien des Deutschen Tischtennis-Bundes erlauben diesen Doppelstart.