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Politik

Zweijährige Übergangsphase nach Brexit?

22. September 2017

Bei ihrer Grundsatzrede in Florenz spricht sich die britische Premierministerin May für neue, kreative Lösungen für die künftigen Beziehungen zur EU aus: Viele Fragen bleiben offen und ihre Erklärungen wenig konkret.

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Florenz, britische Premierministerin Theresa May hält Rede
Bild: Reuters/A.Tarantino

Die britische Regierungschefin räumte ein, dass sich die Beziehungen des Königreichs zur Europäischen Union in einer brisanten Lage befinden. In ihrer Grundsatzrede in Florenz beschwor Theresa May mit viel Pathos die gemeinsamen Grundwerte und die gemeinsamen internationalen Sicherheitsinteressen. Wiederholt äußerte sie den Wunsch, nach "kreativen Lösungen" für das künftige politische und wirtschaftliche Verhältnis. Modelle nach dem Vorbild etwa von Norwegen und Kanada lehne sie aber ab, stellte May in ihrer mit Spannung erwarteten Ansprache in der Klosteranlage Santa Maria Novella klar.

Briten sollen mehr Zeit bekommen

"Wir möchten Hand in Hand mit der EU zusammenarbeiten und nicht mehr ein Teil von ihr sein", führte sie aus. Und sie machte deutlich: Sie will mehr Zeit für die Umsetzung des EU-Austritts ihres Landes. May schlug eine befristete Übergangsphase im Anschluss an den Brexit vor. Sie gehe von einer Dauer von ungefähr zwei Jahren aus, sagte die Premierministerin. In dieser Zeit solle der Zugang für Unternehmen auf die Märkte der jeweils anderen Seite unter heutigen Bedingungen weiter möglich sein. 

Wie viel bereit zu zahlen? 

Großbritannien wird die EU im März 2019 verlassen. May deutete an, dass Großbritannien während dieser Übergangszeit Beiträge in den EU-Haushalt zahlen könnte. Kein Mitgliedsland der EU müsse wegen des Brexits mehr Geld einzahlen oder bekomme weniger heraus. "Großbritannien wird Verpflichtungen einhalten, die wir während unserer Mitgliedschaft gemacht haben", sagte May zudem. Eine konkrete Summe nannte sie nicht. Experten in Brüssel rechnen mit 60 bis 100 Milliarden Euro, die London der EU schuldet. Diese Rechnung umfasst gemeinsam eingegangene EU-Finanzverpflichtungen für Haushalt, Fördertöpfe und Pensionslasten.

Nordirland-Frage geklärt?

Die Austrittsverhandlungen haben nach den Worten Mays harte Zeiten erlebt, aber auch Erfolge gebracht. Nach drei Verhandlungsrunden habe es in vielen wichtigen Fragen konkrete Fortschritte gegeben, behauptete sie und lobte Professionalität und Sorgfalt der Unterhändler. So sei man sich in der Nordirland-Frage und im Streit um die EU-Bürger in Großbritannien im Prinzip einig.  

Florenz, David Davies, Philip Hammond und Außenminister Boris Johnson hören Großbritanniens Premierminister Theresa May zu
Lauschten in Florenz aufmerksam ihrer Chefin: Brexit-Minister David Davies (l.), Schatzkanzler Philip Hammond (M.) und Außenminister Boris Johnson. Bild: Reuters/J.J.Mitchell

EU-Ausländer sollen sich auch während einer Brexit-Übergangsphase auf der Insel niederlassen dürfen. Es werde aber Änderungen geben, so die konservative Parteichefin. "Wir werden EU-Bürger darum bitten, sich zu registrieren". Das werde ein Teil der neuen Einwanderungsregeln sein, die später in Kraft treten sollen.

Brüssel will über die künftigen Beziehungen mit Großbritannien erst sprechen, wenn "ausreichender Fortschritt" bei wichtigen Trennungsfragen erreicht ist. Dazu gehören neben der Finanzfrage auch die Rechte der rund 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien und die Frage, wie die neue EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland aussehen könnte.

May angeschlagen 

May gilt seit der schiefgelaufenen Parlamentswahl im Juni als angezählt, auch in der eigenen Tory-Partei. Ihre Brexit-Strategie ist auch in London höchst umstritten.  

Bislang hat es bei den Gesprächen in Brüssel kaum greifbare Ergebnisse gegeben. Der Verhandlungsführer der EU, der Franzose Michel Barnier, wies mehrere Vorschläge aus London als unzureichend zurück. Es gibt Mutmaßungen, die Briten spielten auf Zeit.  

Im Frühjahr 2019 wird Großbritannien aus der EU ausscheiden. Sollte bis dahin keine Regelung über die künftigen Beziehungen vorliegen, drohen unabsehbare Konsequenzen für die Wirtschaft und andere Bereiche.

SC/myk (rtr, dpa, BBC)