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Thailänder stimmen über neue Verfassung ab

7. August 2016

In Thailand will die Militärjunta eine neue Verfassung per Wahl durchsetzen. Die Änderungen sind jedoch umstritten. Kritiker fürchten, das Referendum diene nur dazu, eine Scheindemokratie zu errichten.

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Der Chef der thailändischen Militärjunta, Prayuth Chan-Ocha (Foto: Getty Images/M.Thohlala)
Bild: Getty Images/M.Thohlala

Etwa 50 Millionen Stimmberechtigte bittet die thailändische Militärjunta unter ihrem Chef Prayuth Chan-Ocha (Foto) in die Wahllokale, um über eine neue Verfassung zu entscheiden. Die Junta will mit der Abstimmung nach eigenen Angaben den Weg für eine Rückkehr zur Demokratie ebnen. Die neue Verfassung solle dazu dienen, die politischen Grabenkämpfe in Thailand zu beenden. Erst dann könnten demokratische Wahlen abgehalten werden, heißt es.

Verbot jeglichen Wahlkampfs vor der Abstimmung

Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass das Militär die 250 Mitglieder der zweiten Parlamentskammer für die nächsten fünf Jahre ernennt. Die Kammer kann Gesetze verhindern. Außerdem sieht die neue Verfassung einen Regierungschef vor, der nicht vom Volk gewählt werden muss.

Kritik an dem Verfassungsentwurf war verboten und kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Auch jeglicher Wahlkampf im Vorfeld des Referendums wurde untersagt. Festnahmen gab es bislang nur im "Nein"-Lager der Demokratieverfechter. Menschenrechtler reagierten empört. Das Militär in Thailand putschte sich vor gut zwei Jahren an die Macht. Seither wurden die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in dem südostasiatischen Land drastisch eingeschränkt.

Nur Scheindemokratie?

Kritiker in Thailand beklagen, die neue Verfassung stehe nur zur Abstimmung, um die Militärherrschaft auf Jahre hinaus festzuschreiben. Ihrer Ansicht nach zielt der Entwurf darauf ab, eine Scheindemokratie zu errichten.

Nach Einschätzung des Leiters der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bangkok, Michael Winzer, wäre das Inkrafttreten der neuen Verfassung in Thailand ein Rückschritt für die Demokratie. "Man hätte zwar ein frei gewähltes Parlament, aber natürlich einen ernannten Senat, und in dem Senat hätte auch das Parlament garantiert eine feste Anzahl von Sitzen", sagte Winzer im Deutschlandfunk. Das bedeute einen Rückschritt gegenüber der früheren Verfassung von 1997. In dieser sei vorgesehen, dass beide Parlamentskammern frei von der Bevölkerung gewählt werden.

Buddhismus als Staatsreligion

Ein weiterer Passus des Entwurfs ist umstritten: Artikel 67 der neuen Verfassung soll den Staat ermächtigen, den Buddhismus zu "beschützen und zu fördern". Experten kritisieren, damit werde der Buddhismus quasi zur Staatsreligion erklärt.

Kritiker sagen zudem, das Militär wolle bei dem sich abzeichnenden Thronwechsel die Hebel der Macht halten, weil die Ablösung von König Bhumibol Adulyadej nach 70 Amtsjahren das Volk tief verunsichern könnte. Der inzwischen 88-jährige König ist seit Jahren schwer krank. Er hat zwar nur repräsentative Aufgaben, er ist aber eine wichtige Integrationsfigur in dem durch tiefe politische Gräben seit mehr als 15 Jahren gespaltenen Land.

vk/haz (afp, dpa, epd)