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Mit der Waffe zur Vorlesung

1. August 2016

Im US-Bundestaat Texas dürfen Studenten und Professoren ab sofort mit Waffen zur Uni kommen. Dadurch sollen potenzielle Amokläufer abgeschreckt werden. Waffengegner sind entsetzt.

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Symbolbild Waffe
Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Sladky

Nach jedem Amoklauf diskutiert die US-amerikanische Politik aufs Neue über schärfere Waffengesetze. Mehrere Anläufe von Präsident Barack Obama, den Waffenverkauf einzuschränken, scheiterten in den vergangenen Jahren an den Mehrheiten der Republikaner im Parlament. In Texas wird nun ein ganz anderer Weg beschritten. Dort wird der Waffenbesitz weiter liberalisiert. Seit 1. August darf auch an staatlichen Universitäten eine Waffe getragen werden. Studenten und Professoren dürfen mit verdeckten und geladenen Waffen zu Vorlesungen gehen. Das "Campus Carry"-Gesetz ist allerdings hoch umstritten.

Das von den Republikanern dominierte texanische Parlament hatte die Zulassung von Schusswaffen in Universitäten beschlossen. Das betrifft die staatliche Universität von Texas mit 50.000 Studenten in 14 Städten. Den Hochschulen ist es immerhin gestattet, waffenfreie Zonen einzurichten. Das in Texas erlaubte offene Tragen von Schusswaffen bleibt hingegen auf den Universitätsgeländen untersagt. Private Unis dürfen Waffen weiterhin verbieten.

Waffen als Abschreckung

Mit dem Gesetz sollen nach dem Willen der Republikaner Amokläufer abgeschreckt werden. Auch andere US-Staaten erlauben unter bestimmten Voraussetzungen das Tragen von Waffen an Hochschulen. Bei den Betroffenen an den Unis in Texas herrscht allerdings vielerorts Entsetzen. Das neue Waffengesetz werde die Atmosphäre an der Uni verändern, klagt Dozent Matt Valentine, der sich im Anti-Schusswaffenverband "Gun Free University of Texas" engagiert. Im akademischen Alltag werde oft heftig diskutiert – und wie solle man das tun, wenn man Angst habe, der Sitznachbar sei bewaffnet, sagt Valentine. Noch wisse niemand, wie viele Studenten tatsächlich künftig mit Waffen an die Uni kämen. Geschätzt werde etwa ein Prozent.

Wenn der Lehrbetrieb Ende August wieder losgehe, herrsche wohl "Unsicherheit, Frustration und Verwirrung", befürchtet Literaturprofessorin Mia Carter. Zusammen mit zwei weiteren Professorinnen will sie das Gesetz mit einer Zivilklage stoppen. Sie mache sich Sorgen wegen psychisch angeschlagener Studenten, erklärt Carter. So sei sie schon einmal bedroht worden und befürchte, Schusswaffen würden das Problem verschärfen.

Erinnerungen an Amoklauf vor 50 Jahren

Das Gesetz sei verfassungskonform, sagte hingegen der texanische Justizminister Ken Paxton der Zeitung "Austin American-Statesman". "Gesetzestreue Bürger werden nicht plötzlich zur Gefahr für die Gesellschaft, wenn sie den Campus betreten." Und auch der Studentenverband "Students for Concealed Carry" ("Studenten für verdecktes Tragen") begrüßt die Reform. Das Recht auf Waffenbesitz und Selbstschutz gelte auch für Studenten. Der Verband ist 2007 nach der Massenschießerei an der Universität Virginia Tech in Virginia mit 32 Toten gegründet worden.

Schon der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes verärgert die Waffengegner. Denn genau 50 Jahre zuvor, am 1. August 1966, erlebte die texanische Stadt Austin die erste Massenschießerei in einer schulischen Einrichtung in den USA. Der Veteran und Student Charles Whitman erschoss damals vom Uhrenturm der Uni aus 14 Menschen, mehr als 30 wurden verletzt. Schon damals versuchten Zivilisten, den Schützen erschießen. Es gelang schließlich einem Polizisten.

wo/cr (dpa, epd)