Exorzistische Riten
20. Mai 2008Die Katholische Kirche betreibt in Deutschland weiter Teufelsaustreibung. Wie jetzt bekannt wurde, hat es in den vergangenen acht Jahren im Erzbistum Paderborn drei Fälle von Exorzismus gegeben. Der letzte Fall habe 2003 stattgefunden, sagte Ägidius Engel, Sprecher des Erzbistums. Zugleich verteidigte er die umstrittene Praxis als "normalen, aber seltenen Vorgang", der nur unter ärztlicher Begleitung stattfinde. "Der Exorzismus gehört zum Wesen der Kirche", sagte Engel der evangelischen Nachrichtenagentur epd.
Im Auftrag des Erzbischofs
Laut Erzbistum hat es in Paderborn seit den Jahren 1999/2000 18 Anfragen von Menschen gegeben, die glaubten, vom Teufel besessen zu sein, und die ernst zu nehmen gewesen seien. In solchen Fällen prüften erfahrene Seelsorger den Fall, dann erstellten Pastoralpsychologen und Psychiater ein Gutachten, erläuterte Erzbistumssprecher Engel. Nur wenn die Gutachter keine psychischen Störungen feststellen könnten, gebe der Erzbischof die so genannte Liturgie der Befreiung in Auftrag.
Wissenschaftlich nicht haltbar
Unter Fachleuten hat das Bekanntwerden der Teufelsaustreibung in Ostwestfalen Empörung ausgelöst. Hans Förstl, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München, nannte die Teufelsaustreibung "mittelalterlich" und "primitiv". "Da maßt sich ein Therapeut eine magische Autorität an. Das ist meiner Meinung nach abstrus", sagte er. Die Vorstellung von Besessenheit sei "absoluter Quatsch", sagte er dem "Münchner Merkur". Der aus der katholischen Kirche ausgetretene Paderborner Theologe und Psychotherapeut Eugen Drewermann sieht sich in seiner Kritik an der Kirche bestätigt. "Das alles zeigt, in welch mittelalterlichem Bewusstseinszustand sich die katholische Kirche befindet", sagte er im WDR.
Gängige Praxis?
Der WDR hatte kürzlich eine Umfrage unter deutschen Bistümern gemacht, ob sie Exorzismus betreiben. Das Erzbistum hatte dabei die Teufelsaustreibung als einziges zugegeben. Die Hälfte der Bistümer gab an, Betroffene an Psychiater zu vermitteln. Immerhin sechs Bistümer machten keine Angaben. Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz teilte auf Anfrage mit, dass sie nicht über eine bundesweite Übersicht von kirchlichen Exorzismen verfügt. (det)