1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Terror und Gegen-Terror"

Zusammengestellt von Thomas Bärthlein26. August 2003

Nach den Anschlägen von Bombay sind die alltägliche Gefahr durch Terrorangriffe und die Defizite in der Gewaltprävention bestimmende Themen der Leitartikel und Kommentare großer indischer Zeitungen. Ein Überblick.

https://p.dw.com/p/40im
Indischer Zeitungsleser in BombayBild: AP

"Neun Anschläge in neun Monaten", bilanziert "The Hindu" und folgert: "Bombay ist zweifellos mitten in der längsten Terror-Offensive, die eine indische Metropole je erlebt hat." Das sehen auch andere Zeitungen so. "Wir erkennen", schreibt der "Indian Express" und trifft damit die Mehrheits-Meinung, "dass dies nicht nur ein Anschlag auf Individuen, auf eine Stadt oder einen Unions-Staat ist, sondern auf die Nation."

Der alltägliche Terror

Dass terroristische Attacken dieser Größenordnung möglich seien, so der "Indian Express" weiter, weise auf Versäumnisse der Landesregierung, der nationalen Geheimdienste und auch auf Defizite bei der lokalen Polizei hin. Das Blatt schlägt zur Abhilfe vor: "Es muss ein minutiös geplantes Programm geben, das der Bedrohung auf allen Ebenen begegnet – angefangen damit, dass die Sicherheit der Bürger im Alltag garantiert ist, bis hin zur nachrichtendienstlichen Arbeit in den Stadtvierteln, den Städten, auf der nationalen und internationalen Ebene", so das Blatt. "Das bedeutet, dass die politischen Parteien ihre Differenzen hintan stellen und daran arbeiten, den gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Es bedeutet, dass die normalen Bürger ein großes Maß an Wachsamkeit an den Tag legen müssen, Einheit und, ja, Mut – denn das Leben muss weiter gehen."

Neue Qualität im Terrorismus?

Die "Hindustan Times" schlägt einen anderen Ton an. Leichtfertige Parallelen mit der Anschlagsserie im Frühjahr 1993, ebenfalls in Bombay, seien fehl am Platz. In Wirklichkeit habe sich die Sicherheitslage in den vergangenen zehn Jahren bereits verbessert, meint die Zeitung: "Die Terroristen sind immer noch sehr präsent, aber sie sind vorsichtig geworden, wählen Operationen, die leicht durchzuführen sind ... Aber es kann kaum Zweifel geben," so die "Hindustan Times" weiter, "dass die Terroristen sich durch Pakistans Einstellung ermutigt fühlen. Als sich Islamabad weigerte, die Beschuldigten für die Anschlags-Serie 1993 an Indien auszuliefern, wurde denen die Botschaft vermittelt, dass es ein Nachbarland gibt, in das sie sich zurückziehen können."

Wer steckt hinter den Attacken?

Über die Drahtzieher des Anschlags darf weiter spekuliert werden. Die Anschlags-Serie von 1993 gilt als das Werk muslimischer Mafiosi um den "Don" der Bombayer Unterwelt, Dawood Ibrahim, dem Verbindungen nach Pakistan nachgesagt werden. Die Zeitung "The Daily Pioneer" schiebt auch diesmal Pakistan direkt die Verantwortung zu: "Da ein Exzess eines solchen Ausmaßes wie der vom Montag nicht ohne grünes Licht von denen hätte passieren können, die Pakistans Stellvertreterkrieg und Dawood Ibrahims Günstlinge kontrollieren, markiert das ein großes Fragezeichen hinter Islamabads wiederholten Beteuerungen, wie gerne es doch Frieden mit Indien hätte."

Terror-Netzwerke

Auch "The Hindu" beschreibt die kontinuierliche Entwicklung der Terror-Netzwerke in Bombay. Allerdings kommt das Blatt zu anderen Schlüssen: "Die Bombenserie von 1993, der schlimmste terroristische Exzess, den Indien bisher erlebt hat, wurde von Mafia-Elementen ausgeführt, die Rückendeckung der pakistanischen Geheimdienste genossen. Aber diese Mafiosi handelten erst, nachdem die Stadt ein beispielloses Pogrom gegen eine Religionsgemeinschaft erlebt hatte. Während Millionen normaler Muslime diese Art von ‚Rache-Terrorismus‘ absolut zurückweisen und verurteilen, bleibt die Tatsache, dass Hass Hass gebiert", urteilt das Blatt.

Und schreibt weiter: "Die Sorte von islamistischem Terrorismus, die Bombay zur Zeit erfährt, ist Teil eines tragischen Zyklus aus religiösem Terror und Gegen-Terror. Weder Legionen von Polizisten noch die neueste Geheimdienst-Technologie können dieses Problem lösen. Für dieses Gemetzel müssen letzten Endes die Politiker, die ihre Karriere auf Hass aufgebaut haben, zur Rechenschaft gezogen werden."