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Terror-Angst im Hause Saud

Detlev Karg15. August 2003

Saudi-Arabien sorgt für Terror-Schlagzeilen. Die USA raten ihren Bürgern von Reisen in das Land ab, British Airways streicht die Flugverbindungen, im Land selbst liefert sich die Polizei Gefechte mit El-Kaida-Anhängern.

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Bombenanschläge im Mai: Die heile saudische Welt war erschüttertBild: AP

Noch mehr Sorgen für das ohnehin argwöhnisch beäugte saudische Königshaus: Die Regierung in Washington rief am Mittwoch (13.8.) die Amerikaner in Saudi-Arabien zu erhöhter Vorsicht vor allem an öffentlichen Plätzen wie Restaurants, Hotels, Schulen, Stränden und Kirchen auf. Es gebe Hinweise auf mögliche Anschläge auf amerikanische und westliche Ziele, darunter auch Flugzeuge und andere Verkehrsmittel.

Zielscheibe: Briten und Amerikaner

Das britische Verteidigungsministerium spricht von einer "ernsthaften Bedrohung“ in dem Land. Ach das britische Verkehrsministerium erklärte, es habe "glaubwürdige Geheimdienstinformationen über eine ernsthafte Bedrohung" der britischen Luftfahrt in Saudi-Arabien erhalten. Aus Sicherheitsgründen setzte deshalb die Fluggesellschaft British Airways ihre Flüge nach Riad und Dschidda aus. Kai Hirschmann, Terrorismusexperte der Bonner Bundesakademie für Sicherheitspolitik meint dazu: "Die British-Airways-Maßnahme dient eher der Beruhigung der Öffentlichkeit. Sicherlich bestünde die Möglichkeit, einen Angriff auf Passagiermaschinen zu versuchen. Dies gilt aber für einige Länder und nicht nur für eines." British Airways flog jeweils vier Mal die Woche nach Riad und Dschidda.

Kampf innerhalb Saudi-Arabiens

Hintergrund der BA-Entscheidung: saudi-arabische Behörden hatten offenbar ein Attentat auf Passagierflugzeuge auf dem Flughafen der Hauptstadt Riad verhindert. Mutmaßliche Terroristen hätten den Internationalen Flughafen der Stadt in Vorbereitung eines Anschlags beobachtet, sagte ein US-Regierungsbeamter am Mittwoch in Washington. Also sei damit die Gefahr eigentlich schon vorbei, weiß Terrorexperte Hirschmann: "Anschläge islamistischer Terroristen können weltweit stattfinden, wobei diese immer auf das Überraschungsmoment setzen. Sie tun nicht das, was man als nächstes erwartet. Anders ausgedrückt: Je konkreter eine Terrorwarnung, desto unwahrscheinlicher der Anschlag, sofern es sich um 'El-Kaida-Leute' handelt“, so seine Einschätzung.

Die Erkenntnisse der USA und der Briten gingen auf Unterlagen zurück, die die Polizei nach einer Razzia bei mehreren Verdächtigen am Dienstag in Saudi-Arabien fand. Bei dem Kommandounternehmen wurden einer der mutmaßlichen Attentäter und drei Polizisten erschossen, zehn weiteren Verdächtigen gelang die Flucht.

Ist Saudi-Arabien also ein Terroristen-Paradies? "Nein“, stellt Hirschmann klar, "aber gewisse Bevölkerungsschichten in Saudi-Arabien sind aufgrund der dortigen Islam-Interpretation anfällig für die Anheizer und Demagogen des gewaltsamen weltweiten Dschihad-Konzeptes“.

Einfallstore für Radikale

Die saudische Regierung ist unter Druck ihrer westlichen Verbündeten. Das Problem bei der Bekämpfung des Terrors in Saudi-Arabien sei laut Kai Hirschmann, dass das sehr traditionelle Islam-Verständnis der Regierung in den rein religiösen Bereichen von Osama bin Laden für seine religiöse Ideologie aufgegriffen und mißbraucht wurde. "So bieten sich für Gewalttäter Möglichkeiten, in eigentlich friedliche religiöse Strukturen einzudringen. Dies gilt auch dort, wo Saudi-Arabien durch Spenden für Moscheen und Kultur seine Glaubensauffassungen exportiert“, bilanziert Hirschmann.

Diesen Kampf haben die saudischen Behörden nun aufgenommen. Am Montag (11.8.) hatte die saudi-arabische Polizei bereits zehn Terrorverdächtige festgenommen, die einen Anschlag auf eine britische Einrichtung geplant haben sollen.

Lufthansa hält Kurs

In Saudi-Arabien arbeiten neben zahlreichen anderen Ausländern rund 30.000 Briten. Seit bei den Anschlägen in Riad am 12. Mai 35 Menschen getötet wurden, gehen die saudi-arabischen Behörden verstärkt gegen mutmaßliche Zellen des Terrornetzwerks El Kaida vor.

Die deutsche Lufthansa kündigte unterdessen an, weiter wie bisher zu fliegen. Das Unternehmen startet neun Mal pro Woche nach Saudi-Arabien. Nachvollziehbar ist auch diese Entscheidung: "Der islamistische Terrorismus ist eine Gewaltideologie ohne regionale Beschränkung. Es können weltweit Anschläge vorbereitet und ausgeführt werden, auch in Deutschland“, so das Fazit von Kai Hirschmann.