1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Tempelberg-Krise eskaliert

22. Juli 2017

Der Streit um Metalldetektoren am Tempelberg hat zu einer neuen Welle der Gewalt geführt. Israel schickt mehr Truppen ins Westjordanland und reagiert mit einer Razzia auf einen tödlichen Angriff auf eine Siedlerfamilie.

https://p.dw.com/p/2h0oo
Israel verschärfte Sicherheitsvorkehrungen am Tempelberg in Jerusalem
Der Felsendom auf Tempelberg, gesichert von der israelischen ArmeeBild: picture-alliance/dpa/M. Illean

Nach dem Freitagsgebet hatte sich der Zorn der Muslime über die verschärften Kontrollen am Jerusalemer Tempelberg entladen. Bei Protesten in Ost-Jerusalen und in der der nahegelegenen Stadt Abu Dis im Westjordanland wurden mindestens drei Palästinenser bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften getötet und mehrere Hundert verletzt. Am Abend tötete ein palästinensischer Attentäter in einer Siedlung im Westjordanland drei Israelis. Die Nerven liegen auf beiden Seiten blank.

Am Tag nach der Bluttat in der jüdischen Siedlung Neve Zuf drangen israelische Soldaten in den Heimatort des Attentäters ein. Sie hätten in der Ortschaft Kubar bei Ramallah das Haus des 19-Jährigen durchsucht und seinen Bruder festgenommen, bestätigte eine israelische Armeesprecherin. Nach Medienberichten wird er der Mithilfe bei dem Anschlag verdächtigt. Der Ort sei abgeriegelt worden, die Sprengung des Gebäudes werde vorbereitet.

Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman besuchte die Siedlung Neve Zuf in Begleitung von Generalstabschef Gadi Eisenkot. Dabei bestätigte er, dass das Haus, in dem der palästinensische Attentäter bei Ramallah mit seine Familie gelebt habe, bald zerstört werde. Liebermann forderte von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eine "klare Verurteilung des Massakers, das gestern an einer unschuldigen Familie verübt wurde, die niemanden gefährdete, während ihres Sabbat-Abendessens".

Terror als "Vergeltung" für Tempelberg-Kontrollen

Der palästinensische Attentäter war nach Armeeangaben in das Wohnhaus der Siedlerfamilie eingedrungen. Er tötete demnach mit einem Messer den Großvater sowie dessen erwachsenen Sohn und Tochter. Die Enkelkinder waren nach Medienberichten in einem Nebenraum versteckt. Die Großmutter wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Der Angreifer wurde verletzt festgenommen. Nach Angaben der israelischen Armee bezeichnete er seine Tat als "Vergeltung für die Vorgänge am Tempelberg".

Keine Beziehungen mehr zur "Besatzungsmacht"

Nach einem Krisentreffen seiner Regierung erklärte Palästinenser-Präsident Abbas am Freitagabend, sämtliche Beziehungen zu Israel würden eingefroren. Der Abbruch der Kontakte gelte solange, bis die "Besatzungsmacht" Israel die Sicherheitsmaßnahmen am Tempelberg wieder aufhebe.

Als Auslöser der jüngsten Gewalt gelten denn auch die verschärften Sicherheitskontrollen an den Eingängen zum Tempelberg, auch mit Metalldetektoren. Israel will damit nach eigener Darstellung das Einschmuggeln von Waffen verhindern. Muslimischen Männern unter 50 Jahren wurde der Zutritt  zum Tempelberg in Jerusalems Altstadt, wo sich mit der Al-Aksa-Moschee und der Klagemauer Heiligtümer von Muslimen und Juden befinden, komplett verwehrt. Israel hatte die Detektoren am Zugang zu der den Muslimen heiligen Stätte am vergangenen Sonntag aufgestellt, nach einem tödlichen Anschlag auf zwei israelische Polizisten.

Deutschland verurteilt Gewalt auf beiden Seiten

Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte den jüngsten Gewaltausbruch. Das gelte für "die heimtückische Ermordung" von drei Mitgliedern einer israelischen Familie genauso wie für die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Ost-Jerusalem und anderen Orten des Westjordanlands. Alle Seiten seien gefordert, den Dialog über eine gemeinsame Lösung zu suchen, teilte ein Sprecher von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel mit.

In einer Erklärung der Arabischen Liga heißt es, die aktuellen Spannungen "öffnen die Tür zu einer weiteren Eskalation" der ohnehin bestehenden "Wut der Palästinenser, Araber und Muslime über die Gewalt und neuen Maßnahmen der israelischen Behörden".

qu/stu (dpa, afp, rtr, APE)