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Teherans langer Arm

29. April 2010

Die Zerschlagung einer Hisbollah-Zelle in Ägypten wertet Kairo als großen Erfolg. Dabei zeigt sie aber vor allem eines: den eskalierenden Machtkampf zwischen Ägypten und dem Iran um den Führungsanspruch in der Region.

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Mutmaßliche Hisbollah-Anhänger auf dem Weg zum Gerichtsgebäude in Kairo (Foto:dpa)
Mutmaßliche Hisbollah-Anhänger auf dem Weg zum Gerichtsgebäude in KairoBild: picture alliance / dpa

Am Mittwoch (28.04.2010) hat ein ägyptisches Gericht hohe Haftstrafen gegen 26 Anhänger der libanesischen Schiiten-Bewegung Hisbollah verhängt. Die Angeklagten sollen Attentate gegen Touristenziele auf dem Sinai und die Versenkung eines Schiffes im Suezkanal geplant haben. Und sie werden beschuldigt, den Waffenschmuggel für die radikalislamische Hamas im Gazastreifen von Ägypten aus koordiniert zu haben. Insgesamt 15 der Angeklagten müssen nun für jeweils zehn Jahre ins Gefängnis. Die anderen Angeklagten erhielten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und sieben Jahren. Gegen das Urteil ist keine Berufung möglich.

Waffenschmuggel durch Ägypten

Noch bis vor kurzem hätte in Ägypten kaum jemand für möglich gehalten, dass ausländische Terrorgruppen sich relativ ungestört im Land ausbreiten könnten, und das lange Zeit ganz offensichtlich ohne Kenntnisse des ägyptischen Sicherheitsapparates. So soll der entscheidende Tipp zur Aushebung der Hisbollah-Zelle auch nicht aus ägyptischen, sondern aus israelischen und US-amerikanischen Geheimdienstkreisen gekommen sein. Dass nun ausgerechnet die libanesische Hisbollah Ägypten zum Operationsgebiet auserkoren hat, bringt die Regierung in Kairo zusätzlich in Bedrängnis.

Ägyptens Präsident Hosni Mubarak (Foto:ap)
Ägyptens Präsident Hosni Mubarak ist beunruhigtBild: AP

Zum einen hatten sich die Beziehungen zwischen Kairo und der Schiiten-Miliz bereits seit dem Gazakrieg Ende 2008 verschlechtert. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah wetterte seitdem gegen Ägypten, das seiner Meinung nach zuwenig gegen die israelische Militäroffensive getan habe. In ägyptischen Medien wurden immer wieder Anschuldigungen laut, dass die Hisbollah das Land für den Schmuggel von Waffen aus dem Sudan in den Gazastreifen missbrauche. Zum anderen bildet die Existenz einer solchen Terrorzelle natürlich auch eine Gefahr für die innere Stabilität Ägyptens. Denn auch im Land selbst agieren verschiedene militante Gruppen. Eine engere Kooperation dieser Extremisten mit der Hisbollah im eigenen Land würde Ägyptens Präsident Mubarak weiter unter Druck setzen.

"Auf Weisung Teherans"

Doch besonders beunruhigend für Kairo ist, wer letztendlich hinter den Aktivitäten der Hisbollah in Ägypten steckt. Für die Regierung und für die meisten Medien in Ägypten ist klar, dass die schiitische Hisbollah nicht auf eigene Rechnung arbeitet: "Die Hisbollah“, schimpfte Ägyptens Außenminister Ahmed Abul Gheit, "ist nur vom Iran vorgeschickt worden, um Ägypten in Teherans Interesse zu destabilisieren und seine Führungsrolle im Nahen Osten zu untergraben.“

Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah (Foto:ap)
Hisbollah-Anführer Hassan NasrallahBild: AP

Tatsächlich ist der schon seit langem schwelende Kampf zwischen Kairo und Teheran um die Vormachtstellung in der Region in letzter Zeit immer stärker offen zutage getreten. Schon als die USA nach dem Amtsantritt Barack Obamas Dialogbereitschaft mit Teheran signalisierten, hatte Kairo unterkühlt reagiert. Das Misstrauen gegenüber Teheran reicht so weit, dass sich Ägypten beim letzten Gipfeltreffen der arabischen Staaten im März dieses Jahres sogar weitgehend isolierte. Damals beschlossen die arabischen Staats- und Regierungschefs, den Iran in Zukunft stärker bei der Lösung regionaler Konflikte einbinden zu wollen - lediglich Ägypten stellte sich quer. Der Regierung in Kairo ist der große Einfluss Teherans auf Syrien, auf die libanesische Hisbollah und auf die palästinensische Hamas schon seit langem ein Dorn im Auge. Dass die Hisbollah ihre Aktivitäten jetzt auch auf ägyptisches Staatsgebiet ausgeweitet hat, ist für Kairo äußerst beunruhigend. Ägypten fürchtet "Teherans langen Arm“ im eigenen Land - und muss zusehen, wie der Iran immer offensiver versucht, seinen Vormachtanspruch in der Region durchzusetzen.

Autor: Thomas Latschan

Redaktion: Klaudia Pape