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Teheran – Stadt der Sucht

12. November 2009

Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung hat seinen Jahresbericht zum weltweiten Drogenkonsum veröffentlicht. Danach sind in keinem anderen Land so viele Menschen drogenabhängig wie im Iran.

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Ein iranischer Soldat bewacht einen Drogenfund in Teheran (Foto: dpa)
Ein iranischer Soldat bewacht einen Drogenfund in TeheranBild: picture-alliance / dpa

Auf dem Weg zum größten iranischen Friedhof Teherans finden sich einige abgelegene Orte, die inzwischen zum Zufluchtsort für Drogenabhängige geworden sind. Denn hier steht das Teheraner Rehabilitationszentrum für drogensüchtige Männer. Zwei Millionen Drogensüchtige leben nach einem neusten Bericht der Vereinten Nationen im Iran. Bei einer Gesamtbevölkerung von rund 72 Millionen Menschen weist das Land damit relativ gesehen die meisten Drogenabhängigen weltweit auf. Einige von ihnen, die den Weg aus dem Teufelskreis schaffen und wieder "clean" werden wollen, finden den Weg ins Rehabilitationszentrum bei Teheran.

Kokainkonsum (Foto: dpa)
Der Konsum von Kokain ist im Iran weiter angestiegenBild: dpa

Iran: Alarmierende Zahl Drogenabhängiger

So wie Nasir. Der 26-Jährige ist gerade auf Entzug und gibt dem repressive System im Iran und der Langeweile die Schuld für seine Abhängigkeit: "Das Hauptproblem ist, dass ich als junger Mensch in diesem Land keine Freizeitmöglichkeiten habe. Früher gab es Bars und Cafés, wo die Leute getanzt und sich amüsiert haben. Aber was habe ich jetzt? – Wenn ich mit einem Mädchen weggehe, werde ich verhaftet. Selbst die Billard-Cafés haben sie geschlossen! Was soll die Jugend also sonst tun? Sie probiert halt ein paar Drogen aus."

Ursachen: Langeweile und Werteverfall

Der iranische Soziologe Dr. Paramarz Gharehbaghi kennt die Probleme, die insbesondere junge Iraner in die Sucht treibt. "Die iranische Bevölkerung ist insgesamt sehr jung. Und das, was die Regierung für ihre Jugend tun müsste, hat sie bisher unterlassen", so Gharehbaghi. Somit bleibe die Jugend oft sich selbst und ihrer Perspektivlosigkeit überlassen.

Der Wissenschaftler sieht jedoch noch weitere Gründe für den hohen Drogenkonsum im Iran: Die Revolution und der acht Jahre dauernde Krieg zwischen dem Iran und Irak (1980 – 1988) hätten die gesellschaftlichen Werte im Iran durchweg verändert. So habe die Familie als wichtigste gesellschaftliche Institution nach der Revolution ihren kulturellen Wert verloren, so Gharehbaghi weiter. Damit sei eine wichtige Konstante im Leben vieler Kinder und Jugendliche weggebrochen.

Nach aktuellen Studien sind Rauschgifte wie Heroin, Crack und Crystal unter jungen Iranern besonders angesagt. In keinem anderen Land der Welt konsumieren so viele Menschen diese Substanzen wie in der islamischen Republik und selten sind die Drogen so einfach zu bekommen wie hier. Abhängige in Teheran berichten von Verkäufen auf offener Straße: "Heroin und Crack bekommt man überall, an jeder Ecke – die Dealer sind in der Stadt häufiger zu finden als Lebensmittelläden", beschreibt Nasir und sein Freund bestätigt: "Im Iran ist es einfacher, ein Gramm Crack zu finden, als etwas zu essen.“

Crack & Heroin: An jeder Straßenecke zu haben

Crak-Labor im Iran
Labor im Iran: Hier kann Crak günstig hergestellt werden

Verführerisch sind Heroin und Crack für die Jugendlichen nicht nur, weil sie leicht zu beschaffen sind, sondern auch, weil sie zu günstigen Preisen verkauft werden. Amir ist 28 Jahre alt und konsumiert regelmäßig Crystal. Früher, so erzählt er, habe er den Stoff für 60 Euro pro Gramm erstanden, heute bezahle er für die gleiche Menge lediglich fünf Euro . "Der Grund dafür ist einfach: Früher hat man Crystal aus dem Wirkstoff Ephedrin gewonnen und das war sehr teuer. Heute lässt sich Crystal aus den Anti-Histamin Tabletten gewinnen und die sind um einiges billiger. Eine Packung kostet circa 40 Euro und daraus lassen sich etwa 120 Gramm Crystal herstellen."

Drogenschmuggel: Iran sieht keinen Anlass zur Sorge

Ein Großteil der Rauschgifte, die im Iran verkauft werden, stammen aus dem Nachbarland Afghanistan. Die Grenzschutzbehörde des iranischen Innenministeriums bestreiten nach wie vor, dass der Drogenschmuggel in den Grenzgebieten Anlass zur Sorge gäbe. Doch die Vereinten Nationen beklagen, die einstige Seidenstraße zwischen Afghanistan und dem Iran sei inzwischen zur "Heroinstraße" verkommen. Sie fordert eine "Dreiecksinitiative" zwischen Afghanistan, dem Iran und Pakistan, um die Handelswege früh zu unterbrechen und so auch den traurigen Rekord Irans mit insgesamt zwei Millionen Drogensüchtigen zu beenden.

Autorin: Nitra Shodjai

Redaktion: Stephanie Gebert