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Taxi and the City

Sandra Wolter24. November 2005

Taxi fahren in Washington hat Vorteile. Wer es richtig machen will, braucht jedoch mehr als eine kräftige Stimme zum rufen und zwei gesunde Arme zum winken.

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Eins vorweg: Niemand muss Taxi fahren in Washington. Aber es kann helfen. Weil zum Beispiel keine Bahn in Georgetown hält, einem der beliebtesten Stadtteile. Wenn passendes Kleingeld für den Bus fehlt (denn die Fahrer wechseln nicht). Oder wenn man (als Tourist) keine Ahnung hat, wann und wohin der nächste Bus fährt und was die Fahrt überhaupt kostet. Und natürlich auch, wenn man sich den Washingtoner Verkehr nicht selbst antun möchte. Gerüchten zufolge wurde der Kreisverkehr in der Stadt einst angelegt, um britische Truppen zu verwirren. Nun, Einheimische wie Touristen verwirrt er erfolgreich seit mehr als Hundert Jahren.

Taxis: keine Mangelware - dennoch schwer zu kriegen

Ein Taxi kann in Washington eine gute Alternative sein. Ist man allerdings in der falschen Gegend unterwegs, ist es schwierig eins zu bekommen. Wobei sich der Ausdruck falsche Gegend nicht ausschließlich auf unsichere Ecken bezieht. Der Washingtoner Taxifahrer an sich sucht sich gern selbst aus, wo er Fahrgäste aufnimmt. Auch die Telefonzentralen geben nicht gleich jeden Auftrag weiter. Kann der Fahrer zu bestimmten Uhrzeiten mehr Trinkgeld machen, indem er in der Innenstadt kurze Strecken fährt, dann tut er das. Und: Niemand macht sich die Mühe, das dem potenziellen Fahrgast von außerhalb mitzuteilen. Der steht im ungünstigsten Fall nachts mit seinem Handy auf dem Gehweg und wartet vergeblich auf das von der Zentrale versprochene Taxi. Oder er wartet tagsüber und verpasst einen Flug. Beinahe jeder in Washington hat seine persönliche Taxi Geschichte auf Lager.

Dabei ist es nicht so, dass es in der Stadt zuwenig Taxen gäbe. Im Gegenteil. Im Gegensatz zum Beispiel zu New York gibt es in Washington keine Obergrenze für die Anzahl der Lizenzen. 34 Unternehmen sind allein im Stadtbereich gemeldet, mit insgesamt 8000 Fahrern. Wer den Test machen möchte, sollte sich an einem Vormittag an einer belebten Strasse in Downtown in ein Café setzen und die Zahl der Taxen zählen, die während einer Tasse Kaffee vorbei kommen. Es werden mehrere Dutzend sein. Als Europäer sollte man jedoch nicht nach einer bestimmten Farbe Ausschau halten. Während in New York die bekannten Yellow Cabs das Straßenbild bestimmen, hat in Washington jede Flotte ihre eigene Farbe. Schwarz, Rot-Schwarz, Rot-Weiß, Braun, Hellblau, Dunkelgrün, Silber, Grau und so weiter. Als Taxi sind die Wagen durch die kleinen Schilder auf dem Dach zu erkennen. Und an den Telefonnummern auf den Türen (als ob es etwas nützt). 16 Taxen kommen hier auf 1000 Einwohner, doppelt so viele wie in Manhattan. Damit ist D.C. einsame Spitze in den USA.

Taxifahren nach Zonen

Ehrlicherweise sollte gesagt werden, das es in der Innenstadt und den belebteren Gegenden von Washington kein Problem ist, ein Taxi auf der Straße anzuhalten. Heftiges Winken und unvorsichtiges auf die Fahrbahn lehnen, gefolgt von rechtzeitigem zurückspringen führen in der Regel zum Erfolg. Wer erst einmal glücklich in die Polster gesunken ist, sollte die Fahrzeit dann jedoch nutzen, um sich mit dem Preissystem vertraut zu machen.

Das wichtigste: Es gibt keinen Taxameter. In Washington wird nach Zonen gefahren, nicht auf Zeit. Was zunächst gut klingt, da man im dichten Verkehr entspannt bleiben kann, und nicht nervös nach vorn auf den Zähler starren muss. Stattdessen sollte man auf die ausgehängten Zonen-Pläne starren. Wer zum Beispiel vom Capitol zum Kennedy Center möchte, fährt von Zone 1B nach 2A. Der Preis hängt davon ab, wie viele Zonen der Fahrer unterwegs durchquert. Von 4 bis 12,50 Dollar ist alles drin. Ob nun der Fahrer wirklich durch vier Zonen fahren muss um zum Ziel zu kommen, ist für den Taxi Neuling freilich schwer zu kontrollieren. In der Regel dauert es acht Zonen einen ungefähren Überblick zu bekommen. Wer das System aber einmal durchschaut hat, kann eine Washingtoner Eigenart übernehmen: Genau bis zur Grenze der nächsten Zone zu fahren und den restlichen Weg zu laufen.

So oder so: Jeder zusätzliche Passagier kostet 1,50 Dollar. Bei manchen Taxifahrern herrscht Uneinigkeit darüber ob der einzige Passagier nicht auch schon ein zusätzlicher Passagier ist. Je nachdem, ob der Fahrer sich selbst mitzählt. Jedes extra Gepäckstück kostet 0,50 Cent. Zwischen 7:00 und 9:30 und 16:00 und 18:30 Uhr fällt der Berufsverkehr Zuschlag an (ein Dollar). Und wenn es schneit, werden die Gebühren insgesamt verdoppelt. Alles klar?

Oder doch lieber zu Fuß?

Wegen der unüberschaubaren Vielfalt der Anbieter rät die Vereinigung der Taxifahrer, nur in Wagen zu steigen, in denen ein Zonen-Plan mit Preisen hängt und deren Fahrer einen Fotoausweis besitzen, falls man sich später beschweren muss oder möchte. Das ist die eine Seite. Die andere ist, das die Fahrer jeden Tag ihre Sicherheit aufs Spiel setzen für Trinkgelder und einen Mindestlohn. Einer Statistik der Taxifahrer-Vereinigung zufolge wird jeder zehnte Fahrer während seines Berufslebens mindestens einmal überfallen. Was vielleicht das Wählerische bei der Auswahl der Fahrgäste und Einsatzorte erklärt.

Wem das am Ende jedoch alles zu kompliziert ist, dem bleibt immer noch die althergebrachte Variante von Zone A nach B zu kommen. Auch auf Schusters Rappen lässt sich die Hauptstadt erkunden. Im Zweifelsfall spart ein Paar guter Turnschuhe Geld und Frust.