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Tausende Flüchtlinge im Niemandsland

8. Dezember 2015

Die Vereinten Nationen schlagen Alarm: An der Grenze zu Jordanien sitzen tausende Flüchtlinge aus Syrien fest. Ihr Leben sei in Gefahr, warnt eine UNHCR-Sprecherin.

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Syrische Flüchtlinge in Jordanien (Archivbild: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

Das UN-Flüchtlingshilfswerks hat sich "zutiefst besorgt" über das Schicksal von 12.000 syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen an der Grenze zu Jordanien geäußert. "Das Leben von Flüchtlingen ist in den kommenden Monaten in Gefahr", sagte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming in Genf unter Verweis auf die sich verschlechternden Lebensbedingungen der Menschen.

"Gefahr für Leib und Leben"

Nach UN-Angaben sitzen fast 11.000 Menschen in Rokban fest, unweit der Stelle, an der Syrien, Jordanien und der Irak aufeinandertreffen. Tausend weitere Flüchtlinge sind in Hadalat, rund 90 Kilometer weiter westlich, gestrandet. Das abgeschiedene Gebiet im Nordosten Jordaniens gleicht einem trockenen Niemandsland. Das UNHCR berichtete von schweren Krankheiten der Flüchtlinge, darunter Magen-Darm-Infekte, Erkrankungen der Atemwege und Hautkrankheiten wie Krätze.

Schwangere hätten unter gesundheitsschädlichen Bedingungen entbinden müssen und die Kinder vor Ort seien von Unterernährung bedroht, teilte das Hilfswerk mit. Die UN-Experten warnten vor ersten Todesfällen und forderten Jordanien auf, vor allem Schwangere, Ältere und Kleinkinder umgehend ins Land zu lassen.

Der Andrang an der Grenze zu Jordanien hatte wegen der Intensivierung des Krieges in Syrien zuletzt stark zugenommen. Das UNHCR schätzt, dass derzeit mehr als 600.000 syrische Flüchtlinge in Jordanien leben. Das Königreich spricht sogar von 1,4 Millionen Schutzsuchenden - das entspricht 20 Prozent der Bevölkerung des Landes.

WFP fehlt Geld für Lebensmittel

Unterdessen teilte das Welternährungsprogramm (WFP) mit, es habe trotz wochenlanger Appelle immer noch nicht genügend Geld erhalten, um syrische Flüchtlinge angemessen zu versorgen. Das Hilfswerk habe 2015 Zuwendungen in Höhe von 850 Millionen Dollar bekommen, teilte eine Sprecherin nach Angaben der Agentur Reuters in Berlin mit. "Das entspricht 58 Prozent des Bedarfs, um derzeit mehr als vier Millionen Syrer im Land und rund 1,4 Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern mit Notrationen und Ernährungshilfen zu unterstützen."

Die USA und Deutschland hätten zusammen 50 Prozent der Summe beigesteuert, so die WFP-Sprecherin weiter. Frankreich hat danach nicht einmal ein Fünftel der Zahlungen Deutschlands geleistet - allerdings engagiert sich das Land dafür stärker bei der Versorgung von Flüchtlingen in anderen Teilen der Welt.

Die 2015 nötig gewordene Kürzung der WFP-Essensrationen für syrische Flüchtlinge vor allem im Libanon und in Jordanien gilt als einer der Gründe, dass die Zahl der nach Europa und vor allem Deutschland strebenden Syrer stark zugenommen hat. Im Oktober habe der monatliche Satz für die Versorgung der Flüchtlinge in beiden Ländern wieder auf 21 Dollar pro Monat angehoben werden können - das entspricht aber immer noch nur 80 Prozent des Regelsatzes.

Außerdem kann das Welternährungsprogramm nur einen Teil der syrischen Flüchtlinge versorgen. Wegen der fehlenden Finanzmittel habe das WFP Anfang 2015 etwa die Versorgung von neun Flüchtlingslagern in der Türkei aufgeben müssen, sagte die Sprecherin in Berlin.

Gauck fordert mehr Engagement

Bundespräsident Joachim Gauck, der zum Abschluss seines zweitägigen Jordanien-Besuchs in ein Flüchtlingslager fuhr, rief zu mehr internationalem Engagement auf.

Bundespräsident Gauck im Flüchtlingslager Asrak in Jordanien (Foto: dpa)
Bundespräsident Gauck im Flüchtlingslager Asrak in JordanienBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

"Die Völkergemeinschaft muss sich schon überlegen, ob sie es dulden will, wenn Ernährungsprogramme runtergefahren werden müssen. Das geht so nicht", sagte Gauck im Camp Asrak nahe der syrischen Grenze. "Wir müssen uns bewusst machen, dass jeder Dollar, jeder Euro, den wir in Bildung und Ausbildung stecken, auch eine Art Prävention gegen die Ausweitung von Terrorismus ist."

wl/uh afp, rtr, dpa)