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Budapest: Demo für Pressefreiheit

17. Oktober 2016

Vor einer Woche wurde Ungarns führende Oppositionszeitung "Nepszabadsag" überraschend geschlossen. Die Regierung erklärte nun, sie habe damit nichts zu tun. Tausende Menschen zog es für die Pressefreiheit auf die Straße.

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Demonstranten halten eine Ausgabe der Oppositionszeitung "Nepszabadsag" in die Höhe (Foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo/M. Balazs

Zahlreiche Demonstranten hielten eine Ausgabe der Oppositionszeitung "Nepszabadsag" in der Hand. Sie skandierten Slogans wie "Sie rauben unsere Freiheit" oder "Stoppt die Diktatur der Fidesz!", der rechts-konservativen Regierungspartei von Ministerpräsident Viktor Orban. Die Redner warfen der Regierung vor, keine kritische Presse zu dulden, damit die korrupten Praktiken ihrer Spitzenpolitiker und ihrer Familien unentdeckt blieben. Aufgerufen zu der Kundgebung hatten kleinere Parteien aus dem liberalen und grünen Spektrum und Organisationen aus der Zivilgesellschaft. Einer Schätzung der Nachrichtenagentur AFP zufolge demonstrierten 2000 bis 3000 Menschen. 

Regierung: "Rein wirtschaftliche Entscheidung"

Die Regierungspartei Fidesz hielt parallel zur Demonstration eine Pressekonferenz ab, in der Vize-Parteichef Gergely Gulyas sagte, die Pressefreiheit in Ungarn sei garantiert. Bei der Einstellung der Zeitung "Nepszabadsag" handele es sich um eine wirtschaftliche Entscheidung wegen der starken Verluste. Die Regierung habe damit nichts zu tun. Die Zeitung hatte immer wieder kritisch über den im Jahr 2010 an die Macht gelangten Orban berichtet. Kritiker werfen dem Ministerpräsidenten vor, die Medien im Land zu Verlautbarungsorganen seiner Regierung machen zu wollen. Zahlreiche privatwirtschaftliche Medien wurden demnach von regierungsfreundlichen Oligarchen aufgekauft.

Tausende Menschen demonstrieren auf den Straßen Budapests (Foto: AP)
Solidarität mit NepszabadsagBild: picture alliance/AP Photo/M. Balazs

"Nepszabadsag" war am 8. Oktober ohne Vorwarnung vorübergehend eingestellt worden. Der österreichische Eigentümer, die Gesellschaft Mediaworks, erklärte, es handele sich um eine rein ökonomische Entscheidung. Firmenchef Heinrich Pecina erklärte nun in einem Interview, niemand wolle die Zeitung mehr haben.

Korruptionsvorwürfe kurz vor Ende

Oppositionsparteien, Kritiker und ein Teil der Mitarbeiter vermuten aber, dass die Schließung politisch motiviert war. Ihnen zufolge ist der Zeitpunkt verdächtig. Eine Woche vor der Schließung habe die Zeitung zwei nahe Verbündete Orbans der Korruption beschuldigt. 

Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung "Nepszabadsag", Peter Petö, sagte: "Wir wollen, dass diese ungewisse Situation aufhört und der Eigentümer klar sagt, was er vorhat." Redakteure haben in Wien Gespräche mit dem Eigentümer begonnen. Noch stehen die Journalisten unter Vertrag, aber die Hoffnung, dass die Zeitung wieder erscheint, ist gering.

Zukunft weiterer Zeitung unklar

Am Freitag wurde ebenso überraschend bekannt, dass die linke ungarische Zeitung "Nepszava" ihren Besitzer gewechselt hat und vor einer ungewissen Zukunft steht. Nach der Schließung der "Nepszabadsag" kommentierte die "Nepszava" noch, dass gemunkelt werde, die Schließung sei eine Folge eines plötzlichen Wutausbruchs eines "politisch Amok laufenden Orban" gewesen. "In Ungarn herrscht eine Ein-Personen-Diktatur, in der selbst über die Schließung der führenden Tageszeitung des Landes der Wutausbruch eines einzigen Menschen entscheidet", so das Blatt.

ust/wl (dpa, afp, ap)