Take-Aways: So können sich Journalisten in Lateinamerika vor Gefahren schützen | Lateinamerika | DW | 23.11.2016
  1. Inhalt
  2. Navigation
  3. Weitere Inhalte
  4. Metanavigation
  5. Suche
  6. Choose from 30 Languages

Sicherheit für Journalisten

Take-Aways: So können sich Journalisten in Lateinamerika vor Gefahren schützen

Journalisten in Mexiko und Zentralamerika leben gefährlich. Wer oder was kann sie schützen? Darüber diskutierten 12 Medienschaffende kürzlich bei einem Mediendialog der DW Akademie. Hier die wichtigsten Ergebnisse. 

In Mexiko und Zentralamerika schreiben Journalisten mit viel Engagement über Gewalt, Korruption und kriminelle Machenschaften. Das bringt sie oft in Lebensgefahr. Deswegen lud die DW Akademie vom 22.-25. September 2016 zwölf Journalisten aus Mexiko, Honduras, Guatemala, El Salvador und Deutschland zum Mediendialog "Meinungsfreiheit in Zeiten der organisierten Kriminalität" nach Mexiko-Stadt ein.

Ziel war es, bedrohten Journalisten aus der Region die Möglichkeit zu geben, sich auszutauschen. Vier Tage lang diskutierten die Medienschaffenden über staatliche- und nichtstaatliche Schutzprogramme, digitale Sicherheit und neue Perspektiven. Hier die wichtigsten Erkenntnisse des Austausches, der vom Auswärtigen Amt finanziert wurde. 



1.    Wie steht es um die Presse- und Meinungsfreiheit in Mexiko und Zentralamerika? 

Die Situation ist alarmierend. Laut der Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wird in der Region durchschnittlich alle 30 Stunden ein Journalist getötet. Die Feinde der Presse werden immer mächtiger, weil sie keine Sanktionen zu fürchten haben. Die staatlichen Rechtssysteme sind defizitär und es herrscht Straflosigkeit. 

2.    Wer sind die Feinde der Presse in der Region? 

DW Akademie Mediendialog Mexiko 2016

Moderierte den Mediendialog in Mexiko-Stadt: Johannes Metzler, Projektmanager der DW Akademie

Zu den größten Feinden der Presse zählen korrupte Lokalregierungen, wirtschaftliche Interessengruppen oder die organisierte Kriminalität, z.B. Drogenbanden. Staatliche Gewalt wird von den Journalisten als größte Gefahr beschrieben. Zudem üben Politiker Einfluss auf das Rechtssystem aus. Besonders gefährlich wird es, wenn die organisierte Kriminalität die staatlichen Strukturen unterwandert. Aber auch prekäre Arbeitsbedingungen für Journalisten, korrupte Kollegen aus den eigenen Reihen und mangelnde Fortbildung in Sachen persönlicher Sicherheit stellen eine Bedrohung für die Medienschaffenden dar. Die Gefahr durch Spionage und Überwachung ist durch das digitale Zeitalter gewachsen. 

3.    Was tut der Staat, um die Journalisten zu schützen? 

In Mexiko existiert seit 2008 ein staatlicher Schutzmechanismus für Journalisten und Menschenrechtsaktivisten. Damit hat die Regierung einen wichtigen Schritt zum Schutz bedrohter Journalisten getan. Allerdings  brauchte es zunächst den Druck von außen (durch internationale Organisationen), damit das Thema überhaupt auf der politischen Agenda der mexikanischen Regierung landen konnte. De facto ist das staatliche Programm ineffizient und bietet den Betroffenen keine vollständige Sicherheit. Journalisten haben wenig Vertrauen in das staatliche Schutzprogramm, schließlich ist der Staat selbst, der Gewalt gegen sie ausübt. Um Journalisten zu schützen, braucht es politischen Willen und ein ehrliches Interesse von Seiten der Regierung. 
In Guatemala, Honduras und El Salvador gibt es derzeit noch keine staatlichen Schutzprogramme.  

4.    Wer bietet sonst Schutz für bedrohte Journalisten? 

DW Akademie Mediendialog Mexiko 2016

"Kein Journalist sollte mit seinen Ängsten allein bleiben" - betonte ein Teilnehmer

Auch Nichtregierungsorganistionen (NRO) wie etwa die weltweit tätige Organisation Article 19 setzen sich mit speziellen Programmen für den Schutz Medienschaffender und das Recht auf freie Meinungsäußerung ein. Article 19 bietet neben einer Dokumentation der Fälle von Angriffen oder Morden an Journalisten auch juristische Begleitung an. Weil der Staat seiner Schutzpflicht nicht nachkommt, sind diese Organisationen oftmals die einzigen, die Journalisten in Not Beistand leisten. Aber auch sie stoßen schnell an ihre Grenzen, weil ihre finanziellen Mittel begrenzt sind. 

5. Welche neuen Bedrohungen gibt es für Journalisten im digitalen Zeitalter? 

Lateinamerikanische Journalisten üben einen Großteil ihrer Arbeit über digitale Endgeräte wie Computer, Tablets oder Smartphones aus. Damit steigt die Gefahr der Überwachung. Der Staat, die Wirtschaft oder kriminelle Gruppen haben ein Interesse daran, Journalisten über das Netz auszuspähen und ihre Arbeit zu überwachen. Sie möchten kontrollieren, mit wem die Journalisten sprechen, ob sie zum Beispiel Regime-Gegner interviewen oder Korruptionsfälle aufdecken wollen. Journalisten sollten sich deswegen dazu verpflichtet fühlen, ihre persönlichen Daten, Quellen und Rechercheergebnisse zu schützen. Sie sollten entsprechende Tools verwenden, die ihnen diese Sicherheit bieten. Außerdem sollten Journalisten von ihren Kollegen einfordern, es ihnen gleich zu tun, um den sicheren Austausch von Informationen zu fördern. Digitale Sicherheit muss zum Topthema in den Redaktionen werden.   

6.    Welche digitalen Sicherheits-Basics sollte jeder Journalist beachten? 

Mediendialog: Sicherheit für lateinamerikanische Journalisten

Journalisten sollten nach Möglichkeit anonym im Netz surfen, z.B. mit TOR. Desweiteren sollten sie Kriterien für sichere Passwörter unbedingt beachten (Groß- und Kleinbuchstaben, Sonderzeichen und Ziffern) und nach Möglichkeit die „Zwei-Faktor-Authentifizierung“ nutzen. Bei sensiblen Recherchen sollte der Email-Verkehr verschlüsselt werden, auch externe Festplatten können mit kostenlosen Programmen verschlüsselt und somit vor fremden Zugriff geschützt werden. Wer im öffentlichen WLAN surft, sollte eine VPN-Verbindung nutzen. Bei Interview-Terminen mit gefährdeten Personen empfiehlt es sich, das Smartphone zuhause zu lassen – um nicht abgehört oder geortet zu werden. Generell sollten mobile Endgeräte wie Smartphones immer mit einem Sperrcode abgesichert werden. Und zuletzt sollten Medienschaffende mit Emails fremder Absender besonders vorsichtig umgehen – und nach Möglichkeit nicht auf Links klicken, die zu externen Seiten führen. Sie könnten Malware oder Spionagesoftware enthalten. 

7.    Was können Journalisten noch tun, um sich und ihre Arbeit besser zu schützen? 

Kein Journalist sollte mit seinen Ängsten alleine bleiben! Es ist wichtig, Netzwerke zu bilden und sich mit Kollegen über mögliche Sicherheitsprotokolle auszutauschen. Außerdem sollten Journalisten von ihren Arbeitgebern (den Redaktionen und Medien) Unterstützung und Rückendeckung einfordern. Auch sie sollten sich verpflichtet fühlen, zum Schutz ihrer Mitarbeiter beizutragen. 

Die Redaktion empfiehlt

  • Datum 23.11.2016
  • Autorin/Autor Vera Freitag
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/2T741
  • Datum 23.11.2016
  • Autorin/Autor Vera Freitag
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/2T741