Tag 4: Der Tag danach...
23. Juli 2012Das Unwetter am gestrigen Abend hat seine Spuren hinterlassen. In Peking gab es teils erhebliche Überschwemmungen, so dass Autos weg schwammen und Lkws überflutet wurden. Gott sei Dank stand unser LKW mit den Instrumenten etwas außerhalb der Stadt, so dass ihm nichts passierte.
Weltweit wurde in den Medien berichtet, dass dies das schlimmste Unwetter seit 60 Jahren gewesen sei. Aber mit Flipflops und neu erstandenen Regenschirmen bewaffnet schafften wir den Weg zum Restaurant unversehens.
Heute früh war das Wasser zu unserer Verwunderung weitgehend verschwunden. Stattdessen: blauer Himmel und Sonnenschein. Nach einem leckeren Frühstück (Waffeln!) führen wir zum National Centre for the Performing Arts. Was für ein futuristischer, unfassbar riesiger Bau! Theater, Konzerthaus und Oper in einem komplex.
Allerdings fiel es uns aufgrund der Größe des Gebäudes recht schwer, den richtigen weg hinter der Bühne zu finden. Nicht nur einmal brauchte jemand eine halbe Stunde innerhalb des Hauses von einem Raum zum anderen. Das Konzert war sehr gut besucht. Wieder kam der chinesische Song, Jasmin, sehr gut an.
Abenteuer am Bahnhof
Die eigentliche Herausforderung des Tages, nein des Jahres, sollte jedoch erst noch kommen. Aufgrund des gestrigen Unwetters geriet unsere gesamte Reiseplanung aus den Fugen: wir hatten Zeitdruck, um überhaupt noch rechtzeitig einzuchecken, zu essen und zum Bahnhof zu fahren.
Bei 38 Grad, aber angenehmer Luftfeuchtigkeit, sahen wir die Nachwirkungen des Unwetters unverblümt. Menschenmaßen drängten sich vor und in dem Bahnhof. Es gelang uns im ersten Versuch gar nicht, bis zum Bahnhof vorzustoßen, so dass wir einen Wendevorgang vornehmen mussten, der aufgrund der komplizierten Verkehrslage 40 Minuten gedauert hatte. Wir erfuhren, dass 80.000 Menschen am Flughafen gestrandet seien, weil Flüge gestrichen wurden. Damit ließ auch der riesige Ansturm am Bahnhof erklären. Wir wussten nicht, ob und wann unser Zug gehen würde, wussten aber, dass Eile angesagt werden würde. So kam es dann auch: nach länger Wartezeit vorm Bahnhofsgebäude, aber kurz noch bevor die Klimaanlagen wegen Benzinmangels der Busse ausfallen würden, kam die Nachricht: "Schnell! Alle zum Bus!! Koffer holen!!! In Zweierreihen aufschließen und folgen!"
Im Gänsemarsch ging es los. Man öffnete für uns sogar einen bereits geschlossenen Bereich. Wir waren nahezu die letzten, die in den Bahnhof hinein durften, bevor auch dieser wegen Überfülle geschlossen wurde. Draußen blieben Abertausende von Menschen, die wegfahren wollten.
Dann die Ernüchterung: unsere Sitzplätze waren alle bereits besetzt. Dann die Ansage: in einer halben Stunde fährt der nächste. Wir dürften in der Wartehalle für Erste-Klasse-Reisenden warten. Das ist eine große, kahle Bahnhofswartehalle. Warten.
Mit Ellbogeneinsatz bis zum Zug
Aus 30 Minuten wurden drei Stunden. Wir munterten uns und die umstehenden Chinesen mit Gesang und Trompetenklängen auf. Plötzlich ging alles ganz schnell. Uns blieben nur 3 Minuten bis zur Abfahrt. Totales Chaos. Alle mussten durch eine enge Schleuse, die von Chinesen belagert wurde und eigentlich für uns gedacht war. Schließlich gelang es uns mit vollem Ellbogeneinsatz, doch noch zum Zug zu gelangen. Pech: nur ein Koffer wurde am Bahnsteig vergessen. Aber ein derart kleines Problem hat uns auch nicht mehr aus der Fassung bringen können.
Als sich der Zug endlich in Bewegung setzte, brach ein Freudentaumel aus. Ankunft allerdings aufgrund der fünfstündigen Verspätung erst um 3 Uhr nachts.
Was für ein Tag! Das Bundesjugendorchester ist nicht so leicht unterzukriegen.