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Erdogan gibt sich dünnhäutig

10. Mai 2014

Der türkische Premierminister zeigt sich empfindsam. Während einer regierungskritischen Rede bei einer Festveranstaltung in Ankara sorgt Recep Tayyip Erdogan für einen Eklat und verlässt vorzeitig den Raum.

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Recep Tayyip Erdogan Metin Feyzioglu regierungskritische Rede 10.5.2014 (Foto: ap)
Bild: picture-alliance/AP Photo

Die Kameras liefen, als bei einer Feierstunde zum 146. Jahrestag des Staatsrates in Ankara, der Vorsitzende der türkischen Anwaltskammer, Matin Feyzioglu, den Kurs der Regierung Erdogans kritisierte. Unter anderem warf Feyzioglu Erdogan Angriffe auf die Meinungsfreiheit und die Niederschlagung von Protesten gegen die Regierung vor. "Es reicht. Sie halten eine politische Rede", unterbrach Erdogan, der in der ersten Reihe saß. Als Feyzioglu davon sprach, dass die Regierung die Folgen des Erdbebens 2011 in der südöstlichen Provinz Van nicht in den Griff bekomme, polterte Erdogan: "Sie sprechen die Unwahrheit, wie können sie so unverschämt sein." Dabei gestikulierte Erdogan wütend. Nicht einmal Staatspräsident Abdullah Gül, der neben ihm saß, konnte ihn beruhigen. Schließlich verließ Erdogan vorzeitig die Veranstaltung – Gül folgte ihm.

Feygzioglu hatte bereits in der Vergangenheit die Verfolgung der politischen Gegner durch die islamisch-konservative Regierung unter Ministerpräsident Erdogan kritisiert. Der Staatsrat ist eines der höchsten Verwaltungsgerichte der Türkei und zugleich ein Beratungsgremium.

Erdogan nimmt Kritik nicht gelassen

Dass der türkische Regierungschef Kritik an seinem politischen Kurs nicht besonders gelassen hinnimmt, hat er schon öfter bewiesen. Erst kürzlich hatte Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Türkei-Besuch den Zorn Erdogans auf sich gezogen. Gauck hatte die Sperrungen der Videoplattform Youtube und des Kurznachrichtendienstes Twitter kritisiert sowie die Massenversetzungen kritischer Richter und den Versuch der Regierung, Urteile in ihrem Sinne zu beeinflussen. Erdogan hatte dies als Einmischung in die inneren Angelegenheiten zurückgewiesen. "Er denkt wohl, er ist immer noch ein Prediger", schimpfte Erdogan in Anspielung auf Gaucks Tätigkeit als Pastor in der DDR.

Einschränkung von Meinungsfreiheit und Korruptionsvorwürfe

Der islamisch-konservative Politiker hat in einem Machtkampf mit seinem in den USA lebenden Rivalen, dem Geistlichen Fetullah Gülen, Tausende Polizisten und Juristen entlassen, die wegen Korruption gegen seine Regierung ermitteln. Erdogan wirft Gülen, der starken Einfluss auf die Polizei und Justiz ausüben soll, dagegen vor, den seit längerem schwelenden Korruptionsskandal gegen die Regierung zu inszenieren.

Vor allem seit der Niederschlagung der Proteste im Gezi-Park von Istanbul im vergangenen Sommer steht Erdogan international in der Kritik. Auch sein Verbot von sozialen Medien wie YouTube und Twitter wurden weltweit verurteilt.

chr / wl (dpa, reuters)