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Politik

Türkischer AI-Präsident erneut festgenommen

1. Februar 2018

Unmittelbar nach seiner Freilassung ist der Türkei-Vorsitzende von Amnesty International wieder festgesetzt worden. Polizeikräfte holten ihn aus dem Gefängnis ab. Nun entschied ein Gericht: Er muss in Haft bleiben.

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Berlin Protest Verhaftung Taner Kilic Amnesty International
Demonstranten fordern vor der türkischen Botschaft in Berlin Kilic' Freilassung (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/J. MacDougall

Der Präsident der türkischen Sektion von Amnesty International muss nun doch in Haft bleiben. Ein Gericht in Istanbul habe entschieden, dass seine Entscheidung vom Vortag zur Freilassung von Taner Kilic falsch gewesen sei, teilte Amnesty mit. Die Staatsanwaltschaft hatte Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt, den Menschenrechtsanwalt unter Auflagen freizulassen. "Dieser Prozess wurde ohne jeglichen Beweise eröffnet", sagt der Türkei-Experte von Amnesty, Andrew Gardner im Interview mit der Deutschen Welle. "Dass er acht Monate lang in der Haft war, diese Tatsache an sich, ist eine große Ungerechtigkeit und unrechtmäßig", so Gardner und fügt hinzu: "Das zeigt, dass die türkische Justiz sich in einer sehr großen Krise befindet und ihre Unabhängigkeit verloren hat."

Erst am Vortag hatte ein Istanbuler Gericht die Entlassung Kilics aus der Untersuchungshaft unter Auflagen angeordnet. Mehrere Amnesty-Kollegen waren zunächst nach Izmir geflogen und zum Gefängnis gefahren, um zusammen mit Kilic' Familie seine Freilassung mitzuerleben, wie Amnestys Europadirektorin Gauri van Gulik im Kurzbotschaftendienst Twitter erklärte. Stattdessen hätten die Amnesty-Vertreter dann beobachtet, dass Kilic gegen Mitternacht vom Gefängnis direkt in eine nahegelegene Polizeiwache gebracht worden sei. Am Morgen wurde er einem Gericht vorgeführt.

Türkei Taner Kilic von Amnesty International
Taner Kilic saß seit Juni 2017 in UntersuchungshaftBild: picture-alliance/AP/Amnesty International Turkey

Prozess gegen elf Menschenrechtler

Kilic ist Beschuldigter in einem Verfahren gegen elf Menschenrechtler. Er war im Juni 2017 unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen festgenommen worden und hatte seitdem in Untersuchungshaft gesessen. Im selben Prozess sind auch der Deutsche Peter Steudtner und sein schwedischer Kollege Ali Gharavi angeklagt. Den Menschenrechtlern werden "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation" beziehungsweise Terrorunterstützung vorgeworfen, worauf bis zu 15 Jahre Haft stehen.

Istanbul Türkei - Peter Frank Steudtner nach Freilassung aus Silivri Gefängniskomplex
Peter Steudtner direkt nach seiner Freilassung in der TürkeiBild: Reuters/Y. Akgul

Kilic selbst wird vorgeworfen, den verschlüsselten Kurzmitteilungsdienst ByLock verwendet zu haben, den Gülen-Anhänger zur Planung des Putschversuches von Juli 2016 benutzt haben sollen. Kilic bestreitet dies. Seine Anwälte legten am Mittwoch ein drittes Gutachten vor, das zeigen soll, dass er die App nie auf seinem Smartphone gespeichert hatte. Auch Amnesty hat die Vorwürfe gegen Kilic als "unbegründet" zurückgewiesen. Zum Prozessauftakt am 25. Oktober hatte das Gericht alle Angeklagten bis auf Kilic aus der U-Haft entlassen. Steudtner und Gharavi reisten am Tag darauf nach Berlin

Festnahme von angeblichen Gülen-Anhängern

Die türkischen Behörden gehen erneut hart gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger vor und ordneten die Festnahme von 120 Verdächtigen an. Darunter seien auch Mitarbeiter der türkischen Streitkräfte, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Die Staatsanwaltschaft im zentraltürkischen Konya leite die Ermittlungen. Diesen Verdächtigen wird ebenfalls laut Anadolu unter anderem vorgeworfen, die Verschlüsselungs-App Bylock benutzt zu haben, um den letztendlich gescheiterten Putsch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan zu planen. Seit dem Putschversuch wurden mehr als 50.000 Menschen wegen angeblicher Gülen-Verbindungen inhaftiert. Die aktuelle Zahl der entlassenen Staatsbediensteten beträgt nach neuesten offiziellen Angaben rund 107.000. 

sam/myk (AFP, dpa)