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Schmerzensgeld für türkische Kurden

12. November 2013

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Türkei wegen der Bombardierung zweier kurdischer Dörfer mit 33 Todesopfern verurteilt. Das Land muss 41 Angehörigen Schmerzensgeld in Millionenhöhe zahlen.

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Blick auf das Gebäude des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg (Foto: afp)
Bild: Getty Images

Schwere Prozessschlappe für die Türkei: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht es als erwiesen an, dass die Regierung in Ankara den Abwurf von Bomben durch türkische Militärflugzeuge auf zwei kurdische Dörfer im März 1994 befohlen hat. Die Straßburger Richter wiesen die Darstellung der Türkei zurück, wonach die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK für die Anschläge verantwortlich sei. Zugleich verpflichteten die Richter die türkische Regierung, den 41 Klägern - Angehörigen der Todesopfer - insgesamt 2,3 Millionen Euro Schmerzensgeld zu zahlen.

Bei dem Bombenangriff im Südosten der Türkei waren 33 Dorfbewohner getötet worden. Zum fraglichen Zeitpunkt arbeiteten die meisten Männer auf den Feldern, die meisten Todesopfer waren daher Frauen, Kinder und alte Leute. Die Bomben zerstörten viele Häuser und töteten einen Großteil des Viehs. Nach dem Anschlag erhielten die Überlebenden dem Urteil zufolge keinerlei humanitäre Hilfe. Sie mussten die Leichen selbst bergen und begraben.

Die türkischen Strafbehörden machten nach mehrjährigen Ermittlungen die PKK für den Bombenangriff verantwortlich. Diese Anschuldigung bezeichnete der Straßburger Gerichtshof als "völlig unbegründet". Als einzigen Beweis hätten die Behörden Aussagen vorgelegt, die aus dem Jahre 2008 stammten, also 14 Jahre nach der Bombardierung.

Einseitige Ermittlungen

Zudem sei nur ein Augenzeuge vernommen worden - ein vom Staat bezahlter Dorfaufseher. Die Behörden hätten sich mit Aussagen von Leuten aus anderen Dörfern begnügt, die nur auf dem Hörensagen basierten, rügte der Gerichtshof. Im übrigen habe die Armee die Befragungen vorgenommen und nicht ein unabhängiger Staatsanwalt.

Der Straßburger Gerichtshof verwies auch auf Aufzeichnungen der türkischen Behörde für zivile Luftfahrt. Demnach waren zum Zeitpunkt der Bombardierung türkische Militärmaschinen in der fraglichen Region im Einsatz. Als erschwerend wertete der Gerichtshof, dass die Türkei ihm nicht alle Ermittlungsunterlagen zur Verfügung gestellt hatte.

Systematische Diskriminierung

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Seit vielen Jahren beklagen kurdische Organisationen eine systematische Diskriminierung ihrer Volksgruppe, die bis zu einem Fünftel der Bevölkerung in der Türkei stellt. Die türkische Regierung, die Europäische Union und die USA stufen die PKK als Terrororganisation ein. Die PKK kämpft seit Anfang der 1980er Jahre für eine Unabhängigkeit oder größere Autonomie der Kurdengebiete in der Türkei.

Das Urteil wurde von einer kleinen Kammer des Straßburger Gerichts gefällt. Somit haben beide Seiten die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten Rechtsmittel einzulegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann an die Große Kammer mit 17 Richtern verweisen, er muss dies aber nicht tun.

kle/uh (afp, dpa)