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SPD: Merkel bei Türkei-Deal in der Pflicht

15. Mai 2016

Die Bundeskanzlerin müsse dafür sorgen, dass das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei "funktioniere", verlangt SPD-Vize Schäfer-Gümbel. Für CSU-Chef Seehofer scheint das ganze Abkommen gar nicht mehr so wichtig.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto/Ausschnitt: Reuters)
Bild: Reuters/H. Hanschke

Die Zweifel an einer Durchsetzung des Flüchtingsdeals der Europäischen Union mit der Türkei wachsen jeden Tag, auch innerhalb des Berliner Regierungslagers. Der Koalitionspartner SPD versucht, den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel zu erhöhen und nimmt sie in der Flüchtlingsfrage in die Pflicht. Man erwarte, "dass Angela Merkel die Bedingungen des Deals durchsetzt und nicht vor (Präsident Recep Tayyip) Erdogan kuscht", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel der Zeitung "Welt am Sonntag".

"Es ist die Verantwortung der Kanzlerin, dass der Türkei-Deal funktioniert. Rabatte auf europäische Werte darf es nicht geben", fügte er mit Blick etwa auf den Streit um die türkischen Anti-Terror-Gesetze hinzu, deren Reform Bestandteil des Abkommens ist. Ankara soll sie nach dem Willen der EU so präzisieren, dass nicht etwa Oppositionelle und Journalisten darunter fallen.

"Türkei weiß, was zu tun ist"

Außenminister Frank-Walter Steinmeier wies die Vorwürfe zurück, die Bundesregierung nehme zu viel Rücksicht auf die türkische Regierung. "Wir nehmen uns weiter die Freiheit, über Fehlentwicklungen in der Türkei, über Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit zu reden. Das kann auch jeder hören, der zuhören will", sagte der SPD-Politiker der Berliner Zeitung "Tagesspiegel".

Er rate dazu, das Interesse der Türkei an dem Abkommen und der damit verbundenen Visa-Freiheit nicht zu unterschätzen. "Die Türkei weiß, was zu tun ist." Die Bedingungen der EU für die Visafreiheit seien bekannt und mit der Türkei ausgehandelt, sagte der Minister. "Der Ball liegt jetzt im türkischen Spielfeld. Ankara muss uns sagen, wie es gedenkt, die offenen Fragen zu beantworten."

Nach dem Abkommen nimmt die Türkei nach Griechenland übergesetzte Migranten zurück. Für jeden zurückgeschickten Syrer darf ein anderer Syrer aus der Türkei legal in die EU einreisen. Teil des Abkommens ist auch die Visumfreiheit für türkische Bürger, die in die EU reisen wollen. Die ist aber an die von Ankara abgelehnte Reform der Anti-Terror-Gesetze geknüpft. Erdogan hat damit gedroht, das Abkommen platzen und Flüchtlinge wieder Richtung EU reisen zu lassen.

CSU-Chef Horst Seehofer (foto: dpa)
Sieht sich in allen seinen Bedenken bestätigt: CSU-Chef SeehoferBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

"Die Arbeit haben andere gemacht"

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer misst dem Flüchtlingsabkommen mit Ankara offenbar kaum noch Bedeutung für den konkreten Rückgang der Asylbewerberzahlen zu. "Es kommen weniger Asylbewerber, weil die Balkanroute von Mazedonien und Österreich dicht gemacht wurde", sagte Seehofer der "Welt am Sonntag". Das von EU-Türkei-Abkommen sei erst danach geschlossen worden.

"Die Arbeit haben andere gemacht", meinte der bayerische Ministerpräsident trocken. "Wir profitieren ausschließlich von den Entscheidungen Österreichs und der Balkanstaaten." Allerdings waren bis zum Abkommen immer noch Flüchtlinge aus der Türkei kommend nach Griechenland gelangt. Dieser Zustrom versiegte erst, nachdem die Türkei die Neuangekommenen zurücknahm. Auch Seehofer wiederholte seine Warnung, "sich so von Ankara abhängig zu machen."

An die EU-Kommission richtete der CSU-Chef die Mahnung, die Randländer der EU stärker zu unterstützen. "Ländern an den Außengrenzen wie Italien und Griechenland wird immer noch zu wenig geholfen", beklagte er. Es sei nötig, schon an den Außengrenzen den Status der Flüchtlinge rechtsstaatlich zu klären.

SC/stu (dpa, rtr, ARD)