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Tödliche Gruben

Gui Hao18. Mai 2003

Die chinesischen Behörden haben die Suche nach vermissten Bergleuten in einer Kohlegrube im Osten des Landes am Sonntag (18.5.) eingestellt. Die Gasexplosion vom Dienstag kostete damit 86 Kumpel das Leben.

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Kohlengrube in Datong, NordchinaBild: AP

Bergleute gehören in China nicht nur mit zu den ärmsten Arbeitern im Lande, sie üben auch einen riskanten Beruf aus. Gas-Explosionen etwa gehören zum Alltag. Chinas Bergwerke gelten als die gefährlichsten der Welt. 2002 kamen dort rund 7000 Menschen bei Gruben-Unglücken ums Leben - laut offiziellen Angaben. Die Dunkelziffer dürfte noch weit höher liegen, meint Han Dongfang, chinesischer Arbeiteraktivist mit Wohnsitz in Hongkong. Es sei kaum möglich, alle Unglücke zu registrieren. Viele würden einfach verschwiegen.

Das "Schwarze Gold" ist der wichtigste Energieträger

Zwei Drittel der chinesischen Primärenergie wird aus dem so genannten "Schwarzen Gold" gewonnen. Vom Nordosten Chinas an der koreanischen Grenze bis zur chinesisch-indischen Grenze erstreckt sich ein geologischer Gürtel mit dem wertvollen Energieträger Kohle. Die Vorräte werden auf insgesamt 1400 Milliarden Tonnen geschätzt - Vorrat für Jahrhunderte. Doch auch wenn dieser Reichtum häufig nur weniger Meter unter der Erdoberfläche liegt, ist der Abbau lebensgefährlich. Die Sicherheitsvorkehrungen in vielen Gruben sind katastrophal: Immer wieder werden tödliche Minenunglücke bekannt. Chinas Bergwerke gelten als die gefährlichsten der Welt.

99 Prozent der Unfälle seien auf mangelndes Sicherheitsbewusstsein der Bergleute zurückzuführen, behauptet das staatliche Amt für Sicherheit der Kohlebergbaubetriebe in Peking. Anfang November 2002 trat zwar ein Gesetz für Sicherheit bei der Kohleförderung in Kraft. Doch mehrere Monate danach ist das Gesetz in vielen kleineren Minen immer noch unbekannt - zumindest bei den Arbeitern.

"Die Behörden verstoßen gegen das Gesetz"

Arbeiteraktivist Han kann nur lachen über die abwiegelnden Beteuerungen der Minenbetreiber, die nur Standardantworten aus dem Parteibuch seien. "Auch mit noch so vielen Gesetzen wird diese Riesen-Nation ihre alten Probleme nicht los", meint er. Das eigentliche Problem liege ganz einfach darin, dass es meist die Behörden selbst sind, die gegen das Gesetz verstoßen.

Schätzungsweise sind es über drei Millionen Bergleute, die in Chinas Zechen Tag für Tag ihr Leben riskieren. Auch Unternehmen aus Deutschland sind in chinesischen Zechen wirtschaftlich engagiert. Sie liefern zum Beispiel technische Ausrüstungen. Die Deutsche Welle hat mehrere deutsche Firmenvertreter, die vor Ort waren, über ihre Meinung zu den dortigen Sicherheitsstandards befragt. Keiner wollte sich dazu öffentlich äußern.

Die Behörden versuchen weiter zu vertuschen und zu verschweigen. In Guanxi wurde im Juni 2002 ein Parteisekretär zum Tode verurteilt. Die Justiz machte ihn verantwortlich für den Tod von 81 Kumpeln bei einer Gasexplosion. Für Experten war dies ein Alibi-Prozess, mit dem die Behörden den Menschen suggerieren wollten, dass sie nicht untätig seien. Die Sicherheitsstandards aber scheinen nicht verbessert worden zu sein, jedenfalls nicht substanziell. Mit anderen Worten: Tödliche Unglücke in Bergwerken werden in China vermutlich noch lange zum Alltag gehören.