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Südosteuropa: Schritt für Schritt Richtung EU

10. November 2005

Assoziierung, Kandidatur, Beitritt: Die Forschritte der südosteuropäischen Länder auf dem langen Weg Richtung Brüssel sind höchst unterschiedlich. Fokus Ost-Südost mit einem aktuellen Überblick.

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Der Westbalkan auf dem Weg nach BrüsselBild: EU

Die Schlange der Bewerber für eine Aufnahme in die Europäische Union ist lang. Rumänien und Bulgarien haben bereits unterschriebene Beitrittsverträge in der Tasche und sollen 2007 oder spätestens 2008 dazustoßen. Mit der Türkei und Kroatien hat die EU im Oktober Verhandlungen über den Beitritt aufgenommen. Mazedonien soll jetzt der Status eines Beitrittskandidaten verliehen werden. Das ist die Vorbereitungsstufe für Beitrittsverhandlungen. Die übrigen Länder des westlichen Balkans (Albanien, Serbien-Montenegro und Bosnien-Herzegowina) verhandeln über Stabilisierungs- und Assoziationsverträge, die unterste Stufe auf der langen Leiter zur Mitgliedschaft.

Besondere Herausforderungen

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat nicht nur Zeugnisse für die Türkei und Kroatien verteilt, sondern er hat sich auch mit dem Rest des Balkans beschäftigt. Rehn bekräftigte in Brüssel: "Der westliche Balkan ist eine besondere Herausforderung für die Europäische Union. In dieser Region müssen wir die Kraft der Reformen beweisen, wo die Staaten noch schwach und die Gesellschaften geteilt sind."

Mazedonien

Nach den Kriegen und Bürgerkriegen im ehemaligen Jugoslawien müsse die EU Stabilität in die Region exportieren. Das funktioniere nun mal am besten mit der Beitrittsperspektive zur Union, so EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn. In Mazedonien, wo noch vor vier Jahren Aufstände der albanischen Minderheit drohten, habe ein erstaunlicher Wandel stattgefunden: "Das Land ist eine europäische Erfolgsgeschichte, was die Stabilisierung angeht. 2001 war Mazedonien am Rande eines Bürgerkrieges. Heute klopft es ernsthaft an unsere Tür."

Albanien

Mit dem Status Kandidatenland ist eine noch engere Kooperation mit der Europäischen Union verbunden. Davon kann die Regierung von Albanien im Moment nur träumen. Immerhin attestiert die EU Tirana Fortschritte bei der Entwicklung eines freiheitlichen Staates und einer funktionierenden Wirtschaft. Die Wahlen in diesem Jahr hätten EU-Standards entsprochen. Albanien habe ausreichenden Fortschritt für die Umsetzung eines Assoziierungsabkommens erreicht. Die Verhandlungen über dieses Abkommen könnten in der nahen Zukunft abgeschlossen werden.

Bosnien-Herzegowina, Serbien-Montenegro

Das bedeutet, dass Tirana mit dem Abschluss eines Assoziierungsabkommens bald die nächste Hürde auf dem Weg zum Beitritt nehmen wird. Serbien-Montenegro und Bosnien-Herzegowina haben diese Hürde noch vor sich. Mit beiden Staaten will die Europäische Union über Assoziierungsabkommen, die auch mit finanziellen Hilfen verbunden sind, verhandeln. Eine Aufnahme der Verhandlungen mit Bosnien-Herzegowina steht bevor, erste Gespräche mit Serbien-Montenegro fanden bereits am Montag (7.11.) statt.

Beiden Staaten wird bescheinigt, dass sie für einen solchen Schritt zehn Jahren nach dem Friedensschluss von Dayton ausreichend mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenarbeiten.

Im Falle Serbien-Montenegros bleibe das Ziel volle Kooperation, so Erweiterungskommissar Olli Rehn: "Das Land hat in der Tat bedeutende Fortschritte gemacht, die aber zu einer vollständigen Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal und zur Festnahme und Auslieferung von Serbenführer Karadzic und Militärchef Mladic führen müssen."

Ungeklärte Probleme

Geklärt werden müsse dringend, welchen völkerrechtlichen Status Kosovo erhalten solle, das zwar formal Teil Serbien-Montenegros sei, aber von den Vereinten Nationen verwaltet werde. Für den gesamten Balkan gelte, dass es große Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz, mit der Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und mit der Korruption gebe, heißt es im Bericht der EU-Kommission.

Bevor im Laufe der nächsten Dekade sechs oder mit Kosovo sieben Staaten in die EU aufgenommen werden können, muss auch die Union ihre Hausaufgaben machen. Der skeptischen Bevölkerung müsse erklärt werden, warum der Balkan in die EU gehöre, wo man doch jetzt schon manchmal das Gefühl habe, der Block der 25 sei an seine Grenzen gestoßen oder gar überdehnt, sagte Olli Rehn. Dringend notwendig sei ein neuer Vertragsrahmen, der die Entscheidungsabläufe schlanker mache und Handlungsfähigkeit garantiere. Doch die Verfassung, die das leisten sollte, liegt ja bekanntlich auf Eis.

Bernd Riegert
DW-RADIO/Brüssel, 9.11.2005, Fokus Ost-Südost