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Syrien im Visier der US-Regierung

Daniel Scheschkewitz / (stl)4. März 2005

Für die USA ist Syrien ein Störfaktor für den Frieden im Nahen Osten. Ermutigt von der antisyrischen Volksbewegung im Libanon erhöht Washington jetzt mit internationaler Unterstützung den Druck auf Damaskus.

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Assad: Verwarnung aus WashingtonBild: AP

Am Rande der Nahostfriedenskonferenz in London hatte Außenministerin Condoleezza Rice am Dienstag (1.3.) die Syrer demonstrativ zum Abzug ihrer Soldaten aus dem Libanon aufgefordert. US-Präsident George W. Bush wurde noch deutlicher: "Holt Eure Truppen und Eure Geheimdienstleute aus dem Libanon raus, damit die Demokratie dort eine Chance hat, sich gedeihlich zu entwickeln!" Angespornt von den jüngsten Entwicklungen im Libanon hat Washington den Druck auf Damaskus in den letzten Tagen zusehends erhöht.

In einem am Freitag veröffentlichten Interview der "New York Post" wiederholte Bush, ein Rückzug Syriens sei "nicht verhandelbar". Nicht nur die syrischen Truppen, sondern vor allem auch die syrischen Geheimdienste müssten das Land verlassen, sagte der US-Präsident. "Ich denke, wir haben eine gute Chance, dieses Ziel zu erreichen."

Im gleichen Tenor äußerte sich Großbritannien am Freitag. Nach Meinung des britischen Außenministers Jack Straw wird Syrien von der internationalen Gemeinschaft geächtet werden, wenn es seine Truppen nicht aus Libanon abzieht, sagte Straw in einem BBC-Radiointerview.

Unterwanderung der Demokratie im Irak

Libanon Demonstration gegen Syrien
Ansporn durch antisyrische Volksbewegung im LibanonBild: AP

Die USA kritisieren nicht allein die syrischen Truppen, die seit rund 30 Jahren im Libanon stationiert sind. Seit Monaten beschweren sich amerikanische Regierungspolitiker und Generäle über die Infiltration von islamistischen und saddamistischen Kämpfern aus Syrien in den Irak. Während die Iraker ihre demokratischen Institutionen und eine friedliche Gesellschaft aufbauten, stelle Syrien den Kräften des alten Regimes sein Territorium zur Verfügung, so die Kritik von Regierungssprecher Scott McLellan.

Damaskus hat auf den zunehmenden Druck aus Washington bereits mit einer Geste des guten Willens reagiert: Am vergangenen Wochenende (26./27.2.) lieferte die Regierung den von den Amerikanern gesuchten Halbruder Saddam Husseins, Sabawi Ibrahim el Hassan aus. Zuvor hatte Washington erstmals die syrische Regierung direkt für den letzten Selbstmordanschlag in Tel Aviv verantwortlich gemacht. Beweise blieb sie jedoch schuldig.

Einsam in Damaskus

Palästinenserkonferenz in London Condoleezza Rice
Rice: "Syrien ist isoliert"Bild: AP

"Die Syrer sollten begreifen, dass sie zur Zeit im Nahen Osten ein destabilisierender Faktor sind, und dass sie isoliert sind. Und es geht hier nicht um die Politik anderer, sondern konkret um die Politik Syriens", hatte Condoleezza Rice die Haltung der US-Regierung gegenüber Syrien zusammengefasst. Doch die Bush-Regierung hat aus der Irakkrise gelernt. Den Druck auf Assad entfaltet sie nun mit möglichst breiter internationaler Unterstützung. In Europa ist es vor allem Frankreich als ehemalige Kolonialmacht des Libanon, die sich den amerikanischen Forderungen nach einem syrischen Truppenabzug anschließt.

Gipfel in Brüssel Jacques Chirac
Auch Frankreich schaltet sich einBild: AP

In der Region selbst führen die Ägypter und die saudische Regierung seit dieser Woche hinter den Kulissen Verhandlungen mit Syrien über die Modalitäten eines Truppenabzugs, zu dem sich Assad grundsätzlich bereit erklärt hat. Assad hatte am Donnerstag in Riad mit dem saudischen Kronprinzen Abdullah Ibn Abdelasis gesprochen. Dabei habe Saudi Arabien Syrien "dringend geraten, sich so schnell wie möglich" aus Libanon zurückzuziehen, erklärte eine politische Quelle, die anonym bleiben wollte, am Freitag der dpa.

Es gibt nun Hinweise, dass Assad wird sich offenbar dem zunehmenden internationalen Druck beugen und tatsächlich zumindest einen Teilabzug seiner Truppen aus dem Nachbarland Libanon verkünden wird. In einer Rede vor dem syrischen Parlament am Samstag (4.3.2005) werde Assad erklären, einige Soldaten ganz aus dem Libanon abzuziehen und die verbliebenen Truppenteile an die Grenze zu verlegen, verlautete am Freitag aus politischen Kreisen im Libanon.

Hoffnung auf Fortschritte

Sicherheitsexperten schenken den syrischen Versprechen der jüngsten Vergangenheit Glauben. Sonst hätte Damaskus dem Sturz der prosyrischen Regierung im Libanon wohl nicht tatenlos zugesehen, so die Begründung von Michael O'Hanlon vom Brookings-Institut: "Sie haben sich außerstande gesehen, ihre Zwangsinstrumente einzusetzen, die ihnen sicherlich zur Verfügung gestanden hätten, um die Demonstrationen zu unterdrücken. Das muss man als enormen Fortschritt betrachten, auch wenn wir noch nicht genau wissen, wie sich die Dinge weiter entwickeln werden."