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Bildung

Studieren ohne Abitur - ein Erfolgsmodell

5. April 2018

Immer mehr Menschen in Deutschland qualifizieren sich über ihre Berufspraxis für ein Studium. Im vergangenen Jahr waren es fast 57.000. Doch dieser Rekordwert löst nicht nur Jubel aus.

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Symbolbild Studienbeginn Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa/F. von Erichsen

An deutschen Universitäten studierten im Jahr 2016 insgesamt 56.900 Studierende, die sich nicht durch einen Schulabschluss, sondern aufgrund ihrer Berufspraxis dafür qualifiziert haben. Im Vergleich zum Jahr 2010 hat sich ihre Zahl damit verdoppelt.

Das geht aus einer aktuellen Erhebung des CHE Centrums für Hochschulentwicklung hervor. Gemessen an der Gesamtzahl der Erstsemester in Deutschland machen die über den sogenannten "dritten Bildungsweg" kommenden Studierenden aber gerade mal 2,6 Prozent der Studienanfänger aus.

Kritik und Polemik

Seit zehn Jahren besteht in Deutschland die Möglichkeit, sich über die Berufspraxis für ein Studium zu qualifizieren. So kann etwa die Note der Meister- oder Fachwirtprüfung die Abitur-Note bei der Bewerbung um einen Studienplatz ersetzen.

Im Bundestag sorgt der jüngste Zuwachs an Quereinsteigern für unterschiedliche Reaktionen. Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, hält die Zahlen noch für zu niedrig und kritisiert die unterschiedlichen Zulassungsregeln der einzelnen Bundesländer: "Zum durchlässigen Bildungssystem ist es noch weit", schrieb der Grünen-Politiker bei Twitter.

Der AfD-Abgeordnete Götz Frömming hingegen sieht die Entwicklung skeptisch und beklagt - ebenfalls per Twitter-Botschaft - ein allgemein sinkendes Bildungsniveau:

Erfolgreiche Quereinsteiger

Von den Studierenden, die sich über ihre Berufspraxis qualifiziert hatten, schlossen 2016 insgesamt 7200 ihr Studium erfolgreich ab. Auch das ein neuer Höchstwert.

Für den CHE-Geschäftsführer Frank Ziegele ist diese Entwicklung eine einzige Erfolgsgeschichte: "Die Kombination von Berufs- und Hochschulbildung wird immer mehr zum Normalfall", sagte er bei der Vorstellung der neuesten Zahlen und fügte hinzu: "Gelernte Krankenpfleger und Handwerksmeisterinnen sind heute keine Exoten mehr auf dem Campus."

Mehr als die Hälfte der Studienanfänger ohne Abitur entscheidet sich den CHE-Zahlen zufolge für ein Fach aus den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Rund 20 Prozent schrieben sich für Ingenieurswissenschaften ein. Auch ein Medizinstudium ist möglich, allerdings haben von 107.000 angehenden Medizinern lediglich 700 kein Abitur.

Regional große Unterschiede

Beim Anteil der Studienanfänger ohne Abitur belegen Hamburg (4,6 Prozent), Nordrhein-Westfalen (4,2 Prozent) und Berlin (3,6 Prozent) die vorderen Plätze. Schlusslicht ist das Saarland, das als einziges Bundesland mit 0,8 Prozent eine Quote von unter einem Prozent aufweist.

Mutige Frauen

Erstmals hat das CHE auch Daten zu Geschlecht und Alter der Studenten analysiert, die sich rein über den beruflichen Weg für ein Studium qualifiziert haben. So ist in etwa die Hälfte zwischen 20 und 30 Jahren alt. Doch auch die 30- bis 40-Jährigen sind mit einem Anteil von ungefähr einem Drittel relativ häufig anzutreffen.

Auffallend ist, dass Frauen häufiger als Männer auch noch im fortgeschrittenen Lebensalter von über 40 den Sprung in die akademische Ausbildung wagen.

mak/djo (KNA, dpa, afp)