1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Studieren in Ungarn: Medizinstudium auf deutsch und englisch

24. April 2002

– Ein Viertel der ausländischen Studenten der Budapester Semmelweis-Universität sind Deutsche

https://p.dw.com/p/27VM

Budapest, 22.4.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch

Ausländische Studenten machen innerhalb der Studentenschaft der Semmelweis-Universität, an der Medizin, Zahnheilkunde und Pharmazie unterrichtet wird, den ungewöhnlich großen Anteil von etwa 30 Prozent aus. Ein Viertel davon sind Deutsche. Seit 1983 wird hier auch teilweise in Deutsch unterrichtet, seit 1989 in Englisch.

1769 als medizinische Fakultät der damaligen Universität gegründet, blickt die Semmelweis-Universität, benannt nach dem ruhmreichsten ihrer Professoren, Ignaz Phillip Semmelweis, auf eine mehr als 225-jährige Geschichte zurück. Nachdem sie sich 1951 von der Budapester Universität löste, wurden neben der allgemeinmedizinischen die Fakultäten für Zahnmedizin und Pharmazie eingerichtet. Weitere kamen nach dem Zusammenschluss mit den Unis für Gesundheitswissenschaften und Körperkultur am 1. Januar 2000 hinzu, so dass die Semmelweis-Universität nun über sechs Fakultäten verfügt.

"Unsere weltweite Anerkennung ist auf eine gute Lehr- und Forschungstätigkeit zurückzuführen", so Magdolna Fonyó, administrative Leiterin des Sekretariats für ausländische Studenten. Besonders zu den Universitäten Heidelberg, Freiburg und Ulm wird intensiver Kontakt gehalten, und viele der angestellten Mediziner ergänzen ihre Fähigkeiten durch praktische Studien an ausländischen Universitätskliniken. Auch richtet die Semmelweis-Universität gesonderte Aufmerksamkeit auf die Behandlung seltener Krankheitsfälle. (...)

Natürlich spielt neben Forschung und Krankheitsbehandlung die Lehre eine wesentliche Rolle. 1300 Lehrkräfte widmen sich den 4000 immatrikulierten Studenten, von denen um die 1200 aus dem Ausland kommen. Seit 1983 existiert der deutschsprachige Studiengang an der medizinischen Fakultät. 1987 wurde auch an der zahnmedizinischen Fakultät mit der Ausbildung auf Deutsch begonnen; und ab 1989 begannen die englischsprachigen Studiengänge an diesen beiden sowie der Pharmazie-Fakultät.

Aufgrund der zu geringen Nachfrage wird kein deutschsprachiges Pharmaziestudium angeboten. Auch besteht keine Möglichkeit zur Spezialisierung in beiden Sprachen, da die ungarische Gesetzeslage Ausländern dies verwehrt. Früher war das möglich, zudem ist eine Änderung der Gesetze zu erwarten. Unterrichtet wird nach ungarischem Lehrplan mit deutscher Fachliteratur. Der Abschluss erfolgt mit Diplom und dem Titel Dr. med. Damit ist die Voraussetzung zur Approbation zum Arzt in Ungarn gegeben.

Die Anerkennung im Ausland hängt von den Bestimmungen des jeweiligen Landes ab; oft müssen noch Nachweisprüfungen abgelegt werden. Im Allgemeinmedizinischen Bereich erkennt Deutschland das Studium in Budapest an, nur in der Zahnmedizin muss eine Prüfung auch in Deutschland absolviert werden.

Finanziert werden die fremdsprachigen Studiengänge ausschließlich über Studiengebühren. Diese belaufen sich im ersten und sechsten Studienjahr auf 10.560 Euro, im zweiten bis fünften auf 8830 Euro. Obligatorisch für alle ausländischen Studenten ist die Teilnahme am Ungarisch-Sprachunterricht in den ersten fünf Semestern. Dies ist erforderlich, um den Umgang mit den Patienten im praktischen Teil der Ausbildung sicherzustellen.

Der häufigste Grund für die Aufnahme eines Medizinstudiums in Budapest, so Magdolna Fonyó, liegt in den vergleichsweise einfachen Aufnahmebedingungen. Während in Deutschland ein hoher Numerus Clausus zu langen Wartezeiten führt, findet in Budapest keine Aufnahmeprüfung statt. Pro Jahr nimmt die Universität 120 Studenten an der Allgemeinmedizinischen Fakultät auf; bevorzugt werden Bewerber mit einem naturwissenschaftlichen Abitur, bereits abgelegten Studien im naturwissenschaftlichen Bereich oder einem Nachweis abgeleisteter Tätigkeiten im Gesundheitswesen.

Viele Studenten wechseln nach dem zweiten Jahr in ihr Heimatland, nutzen also Ungarn als Sprungbrett ins klinische Studium im eigenen Land. Die Chancen, im Heimatland als Arzt zu arbeiten, werden von den Studenten höher eingeschätzt, wenn der klinische Teil des Studiums in Deutschland absolviert wurde.

Deshalb nimmt die Zahl der eingeschriebenen ausländischen Studenten an der Semmelweis-Uni ab dem dritten Studienjahr erheblich ab, obwohl die Qualität des Unterrichts viel Zuspruch findet. Fonyó: "In Ungarn erfolgt die Ausbildung nach verschultem System, statt wie in Deutschland auf Basis von Leistungsscheinen, deren Ablegen der Student individuell organisieren muss." Der Kontakt zwischen den Studenten und zu den Lehrkräften sei sehr viel persönlicher. "Zudem nimmt der praktische Teil, der direkte Umgang mit Patienten, im Vergleich zu Deutschland sehr viel mehr Raum ein", erklärt Fonyó. (fp)