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Starke Gehirnschäden durch American Football

Jonas Schönfelder
26. Juli 2017

Eine Studie zeigt erneut: Football kann das Gehirn schwer schädigen. Bei 110 von 111 untersuchten NFL-Spielern wurde die Nervenkrankheit CTE diagnostiziert. Doch nicht nur Profis, auch Amateursportler sind betroffen.

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Houston NFL Super Bowl New England Patriots vs Atlanta Falcons  Devonta Freeman touchdown
Bild: USA Today Sports/Matthew Emmons

American Football ist ein gefährlicher Sport, wenn man die möglichen Langzeitschäden mit einberechnet. Durch den Sport können die Gehirne der Spieler ernsthaften Schaden nehmen, da ihre Köpfe häufig zusammenstoßen. Für eine neue, im Journal of the American Medical Association veröffentlichte Studie wurden 202 gespendete Gehirne bereits gestorbener Footballspieler untersucht. Einige von ihnen spielten nur in der Schule oder im College, mehr als die Hälfte auch in kanadischen oder amerikanischen Profiligen. 177 aller post mortem untersuchten Spieler, also 87 Prozent, litten an der Gehirnerkrankung CTE. Sie kommt häufig bei Menschen vor, die mehrere Gehirnerschütterungen oder Schläge auf den Kopf erlitten haben. Bei den ehemaligen Spielern der amerikanischen Profiliga NFL war der Anteil sogar noch größer: 110 der 111 untersuchten Gehirne zeigten Anzeichen für CTE, was 99 Prozent entspricht.

CTE, die Kurzform für "Chronisch-traumatische Enzephalopathie", wird nach aktuellem Kenntnisstand durch die Zerstörung von Nervenzellen im Gehirn ausgelöst. An den geschädigten Stellen lagert sich das Protein Tau ab, was derzeit nur durch die Untersuchung des freigelegten Gehirns nachgewiesen werden kann. Deshalb ist CTE erst nach dem Tod sicher diagnostizierbar. Zu den Symptomen des Nervenleidens gehören laut dem CTE Center der Boston University Gedächtnisverlust, Verwirrung, Verlust der Impulskontrolle, Aggression, Depression und Selbstmordgedanken.

Ein Problem auch beim Schulsport

Neben den Profispielern sind auch 21 Prozent der High School-Spieler und 91 Prozent der Sportler in College-Teams von CTE betroffen. Ann McKee, Neurologin an der Boston University School of Medicine und Leiterin der Studie, sieht die Ergebnisse als Bestätigung, dass CTE mit Football zusammenhängt: "Es ist ein Problem auf allen Stufen, ab der High School und in höheren Ligen." Jetzt müsse an der Entwicklung von Methoden gearbeitet werden, um die Erkrankung bei lebenden Menschen zu erkennen und auch behandeln zu können.

Fotos aufgeschnittener menschlicher Gehirne. Links ein gesundes, rechts ein Gehirn mit fortgeschrittener CTE. Die braune Verfärbung stammt von Ablagerungen des Proteins Tau.
Fotos aufgeschnittener menschlicher Gehirne. Links ein gesundes, rechts ein Gehirn mit fortgeschrittener CTE. Die braune Verfärbung stammt von Ablagerungen des Proteins Tau.Bild: Boston University Center for the Study of Traumatic Encephalopathy

McKee warnt aber auch davor, falsche Schlüsse aus den Ergebnissen zu ziehen: Symptome wie Gedächtnisverlust und Persönlichkeitsveränderungen zu Lebzeiten der Spieler könnten sie und ihre Angehörigen besonders dazu motiviert haben, die Gehirne nach dem Tod der Forschung zur Verfügung zu stellen. "Deshalb ist bei der Interpretation der festgestellten Häufigkeit von CTE in dieser Stichprobe Vorsicht geboten", schreibt sie in der Studie.

Schon bei Boxern entdeckt

Dass CTE, auch unter dem Namen "Boxer-Syndrom" bekannt, bei Sportarten mit intensivem Körperkontakt gehäuft vorkommt, ist nicht neu. Bereits 1928 beschrieb ein amerikanischer Wissenschaftler Symptome, die bei Boxern nach mehreren Schlägen ins Gesicht auftraten. 2005 wurde CTE auch beim drei Jahre zuvor verstorbenen NFL-Spieler Mike Webster diagnostiziert. Seitdem wurden unter anderem auch Fälle aus dem Eishockey, Rugby, Baseball und Fußball bekannt.

2013 hatte die NFL Entschädigungen in Millionenhöhe an ehemalige NFL-Spieler gezahlt, die wegen ihrer Gehirnschäden vor Gericht geklagt hatten. Im vergangen Jahr hatte erstmals ein hochrangiger NFL-Mitarbeiter, der Vizepräsident Jeff Miller, einen Zusammenhang zwischen Football und der CTE-Erkrankung eingeräumt.