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Stromausfälle behindern Indiens Industrie

Srinivas Mazumdaru / iw10. August 2014

Fast täglich fällt in Indien mal der Strom aus. Die Elektrizitätswerke können den Bedarf längst nicht mehr decken und das Netz ist marode. Eine Herausforderung für ein Land, das eine führende Industrienation werden will.

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Stromversorgung an einem Markt in Uttar Pradesh, Indien (Foto: DW)
Bild: DW/W. Suhail

Es sei sein Verdienst gewesen, dass die Menschen im indischen Bundesstaat Gujarat rund um die Uhr mit Strom versorgt werden. Das betonte der im Mai gewählte indische Premierminister Narendra Modi immer wieder während seines Wahlkampfes. Mehr als ein Jahrzehnt hatte er den westlichen Bundesstaat regiert. Jetzt, als Premierminister, steht er vor der weitaus größeren Aufgabe: Das marode Stromnetz in ganz Indien zu verbessern.

Rund 75 Millionen Haushalte hier haben keinen Zugang zu Elektrizität. Betroffen sind vor allem ländliche Gebiete. Aber auch diejenigen, die an die Stromversorgung angeschlossen sind, haben deswegen noch lange keine Energiesicherheit. Immer wieder gibt es Stromausfälle, weil das veraltete Netz überlastet ist.

Verschiedene Regierungen hätten bereits versucht, Indiens Energie-Infrastruktur zu verbessern, um die Nachfrage zu befriedigen, sagt Mark Williams, Chefvolkswirt für Asien der Beratungsfirma Capital Economics. "Verzögerungen beim Erwerb von Land für Stromprojekte, aber auch Korruption und das fehlende Problembewusstsein in den Behörden" hätten solche Versuche stets behindert. Die Internationale Energieagentur IEA geht davon aus, dass staatliche Genehmigungen das größte Hindernis darstellen, die Stromproduktion auszuweiten.

Nicht genug Steinkohle im eigenen Land

Zusätzlich verstärkt auch Indiens starke Abhängigkeit von der Steinkohle die Probleme. Kohlekraftwerke liefern knapp 60 Prozent der Energie. Aber Indien kann die eigene Nachfrage nach Kohle nicht befriedigen, obwohl das Land schon zu den größten Kohleförderern weltweit gehört. Vorwürfe, dass es bei der Verteilung von Kohlerevieren an Unternehmen zu Bestechungen gekommen sein soll, belasten die heimische Produktion zusätzlich.

Frau transportiert Kohle auf dem Kopf in Indien (Foto: picture alliance)
Kohleabbau in Indien: Knapp 60 Prozent der Energie des Landes kommt aus KohlekraftwerkenBild: picture alliance/AP Photo

Und so musste Indien im Fiskaljahr (das im März 2014 endete) rund 165 Millionen Tonnen Kohle importieren. Zudem schürfen indische Unternehmen auch im Ausland, um den heimischen Kohlebedarf zu decken. Das indische Unternehmen Adani hat etwa Ende Juli von Australien die Erlaubnis bekommen, eine Kohlemine in Queensland State zu erschließen - ein 15,5 Milliarden-US-Dollar-Projekt, das die Stromversorgung von bis zu 100 Millionen Menschen in Indien sichern könnte.

Alternativen zur Kohle

Nach Ansicht einiger Experten sind die schwerfälligen indischen Vorschriften und zu geringe Investitionen in das Stromnetz der Grund für den ineffizienten Energiesektor. Rob Dobson, Volkswirt im Marktforschungsunternehmen Markit Economics, plädiert dafür, dass kurzfristig "mehr in die Kohleindustrie investiert wird, um die Engpässe zu beseitigen und die Kohleproduktion zu steigern." Langfristig sei die Lösung aber, auf neue Energiequellen zu setzen, um die Abhängigkeit von der Kohle zu vermindern.

Gegenwärtig tragen andere Energiequellen, wie Wasserkraft mit etwa 17 Prozent und Atomenergie mit rund zwei Prozent, nur relativ wenig zu Indiens Energieversorgung bei. Obwohl die vorherige Regierung unter Premierminister Manmohan Singh 2008 ein ziviles Nuklearabkommen mit den USA unterzeichnet hat, das als Ende von Indiens nuklearer Isolation bejubelt wurde, entsteht bislang nicht mehr Strom in Atomkraftwerken.

Arbeiter in einer Solaranlage in Indien (Foto: Getty Images)
Sauberer Strom in Indien: Solarkraft soll künftig mehr zur Energiesicherheit beitragenBild: C.Khanna/AFP/Getty Images

Große Pläne gibt es aber auch für den Ausbau erneuerbarer Energien, vor allem im Bereich Solarenergie. So will das Land bis 2020 mit Hilfe der Sonne 20.000 Megawatt produzieren. Bis es so weit ist könnte sich die Lücke zwischen dem Strombedarf und dem Stromangebot allerdings noch vergrößern, da nicht nur die Bevölkerung wächst, sondern auch die Wirtschaft - und die braucht immer mehr Energie. Durch diese klaffende Lücke kann es künftig noch häufiger zu Stromausfällen kommen.

Hürden auf dem Weg zur Industrienation

Damit Indien zu einem Knotenpunkt der Industrieproduktion werden kann, muss das Problem bald gelöst werden. Denn Unternehmen, die in Indien produzieren wollen, "ziehen es vor, ihre eigenen Kraftwerke zu bauen, um nicht vom Stromsystem abhängig zu sein", sagt Mark Williams der DW. Das aber koste einiges. Rob Dobson betont die ideale geografische Lage Indiens, die großen Kohlevorkommen und das Heer an gut ausgebildeten Arbeitskräften, die Indien als potentiellen Standort für die produzierende Industrie attraktiv machen. Trotzdem werde es das Land schwer haben, Unternehmen anzuziehen, die höherwertige Produkte herstellen, solange eine verlässliche und günstige Energieversorgung fehlt.