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Strengere Regeln für Spätabtreibungen

13. Mai 2009

Der Bundestag hat strengere Regeln für Spätabtreibungen beschlossen: Ärzte sind künftig zur Beratung verpflichtet. Betroffen sind Frauen, die spät erfahren, dass ihr Kind schwer krank oder behindert zur Welt käme.

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Schwangere (Foto: Bilderbox)
Bei Abtreibungen nach der 12. Schwangerschaftswoche gelten bald strengere RegelnBild: BilderBox

Die neue Regelung gilt für alle Abtreibungen nach der 12. Schwangerschaftswoche. Der Arzt ist künftig verpflichtet, die Schwangere zu beraten. Außerdem muss er die Patientin mit ihrem Einverständnis zu Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen vermitteln. Zudem ist er verpflichtet, bei der Beratung weitere Mediziner hinzuzuziehen, die auf die Gesundheitsschädigung des Kindes spezialisiert sind. Verstößt der Arzt gegen diese Pflichten, kann gegen ihn ein Bußgeld von 5000 Euro verhängt werden. Neben der Beratungspflicht schreibt das Gesetz eine dreitägige Frist zwischen Diagnose und Abtreibung vor. Die Frist darf nur aufgehoben werden, wenn akute Gefahr für das Leben der Mutter besteht.

Kein "Fraktionszwang"

326 Abgeordnete aus allen Fraktionen außer der Linken stimmten am Mittwoch (13.5.2009) für die Neuregelung, 234 dagegen. Ein konkurrierender Gesetzentwurf von SPD-Frauenpolitikerinnen, die eine vorgeschriebene Bedenkzeit ablehnen, fand keine Mehrheit. Wie bei ethischen Themen üblich, stimmten die Fraktionsmitglieder nicht geschlossen, sondern über die Parteigrenzen hinweg ab.

Der Entscheidung waren monatelange Verhandlungen über einen gemeinsamen Entwurf von Unionspolitikern sowie einem Teil der SPD, der Grünen und der FDP-Abgeordneten vorausgegangen. Die Linksfraktion lehnte beide Gesetzesanträge als einen Angriff auf den Abtreibungsparagrafen 218 und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen ab.

Die Familienpolitikerin Kerstin Griese (SPD) hatte den Kompromissantrag maßgeblich mit erarbeitet. Es gehe darum, dass werdende Eltern eine Entscheidung fällen können, mit der sie später leben könnten, sagte sie. Es müsse der "schleichende Automatismus" durchbrochen werden, dass die Diagnose, ein behindertes Kind zu erwarten in die Empfehlung für eine Abtreibung münde. Griese hatte in ihrer Fraktion prominente Unterstützerinnen gewonnen, darunter die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und die frühere Familienministerin Renate Schmidt.

"Bedenkzeit kann grausam sein"

Nahles wies den Vorwurf, die Frauen würden bevormundet, zurück. Vielmehr werde ihnen Zeit für eine gute Entscheidung gegeben. Bei Spätabtreibungen gehe es nicht um ungewollte Schwangerschaften. Die Frauen seien "guter Hoffnung", wenn sie von der schweren Erkrankung des Ungeborenen erführen. Die SPD-Politikerin Renate Schmidt warf der Linksfraktion vor, alte Schlachten neu führen zu wollen. Bei der Spätabtreibungsfrage gehe es aber nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Feministinnen und Lebensschützern.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christel Humme hatte zuvor für den konkurrierenden Gesetzesantrag geworben. Sie erklärte, eine starre Bedenkzeit setze die betroffenen Frauen zusätzlich unter Druck und könne "grausam" sein. Bußgeldandrohungen bei unterlassener Beratung untergrüben das Vertrauensverhältnis zwischen Patientinnen und Ärzten. Die FDP-Familienpolitikerin Ina Lenke betonte, der Paragraf 218 werde durch die Neuregelung nicht berührt. Es gehe allein um die Beratungspflicht für Ärzte und die Bedenkzeit. Den Frauen würden keine neuen Pflichten auferlegt. (mag/qu/epd/afp/dpa/rtr)