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Streit ums Geld auf Schloss Hampton Court

Anke Hagedorn27. Oktober 2005

Auf einem Schloss mit dem klingenden Namen Hampton Court treffen sich auf Einladung des britischen Premiers Blair die EU-Staats- und Regierungschefs. Dort soll ein Kompromiss für den EU-Finanzstreit gefunden werden.

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Schloss Hampton Court: gemütliche Kamingespräche nicht zu erwartenBild: AP

Das Treffen in Hampton Court hatte sich Tony Blair ursprünglich anders vorgestellt. Kein richtiger EU-Gipfel sollte es werden, sondern eher eine zweitägige gemütliche Gesprächsrunde vor dem Kamin des Schlosses in der Nähe von London, wo sich schon Heinrich VIII. vor über 500 Jahren mit seinen jeweiligen Ehefrauen entspannte. Dort wollte der britische Regierungschef und derzeitige EU-Ratspräsident über sein Lieblingsthema philosophieren, nämlich: die Notwendigkeit durchgreifender Sozial-Reformen in Europa im Zeitalter der Globalisierung.

Doch da machten einige der Geladenen nicht mit: Sie ließen wissen, so viel Zeit hätten sie nicht, und so wurde der Sonder-Gipfel auf einen Tag zusammengestrichen.

Barrosos Reform-Agenda

Tony Blair in Straßburg Europaparlament Jose Manuel Barroso
Gemeinsames Ziel: Abbau der AgrarsubventionenBild: AP

Inzwischen sieht es so aus, als würden doch einige heftige Diskussionen bevorstehen, die Blair gerne auf den nächsten EU-Gipfel Ende Dezember verschoben hätte. Ganz oben auf der Liste steht das Thema EU-Finanzen. Der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, legte vergangene Woche ein umfassendes Reform-Papier vor, in dem er unter anderem forderte, die Finanzplanung für die Jahre 2007 bis 2013 müsse beschlossen werden. Barroso will die hoch dotierten Regional-Fonds zielgerichteter für Wachstum und Modernisierung ausgeben statt pauschal als Agrar-Subventionen auszuzahlen.

Nach Ansicht des britischen Premiers sind die Agrar-Ausgaben mit rund 40 Prozent des gesamten EU-Haushalts in Zeiten der Globalisierung zu hoch. Seine Argumente gehen in dieselbe Richtung wie die von Barroso. So stellte Blair am Mittwoch (26.10.2005) vor dem EU-Parlament in Straßburg klar: "Dieser Debatte über den Haushalt muss eine Debatte über die Prioritäten in der EU voran gehen. Wir müssen eine Perspektive entwickeln, bei der die Ausgaben in der EU der Welt wie sie jetzt ist, angepasst werden.“

Französischer Widerstand

Eine Kürzung der bis 2013 zugesagten Agrar-Hilfen lehnt Frankreich, das am stärksten von den Subventionen profitiert, jedoch ab. Am Gegensatz zwischen Paris und London in dieser Frage war bereits der letzte EU-Gipfel im Juli gescheitert.

Sehr skeptisch werden von der französischen Regierung auch Bestrebungen von Blair und Barroso registriert, den europäischen Binnenmarkt zu liberalisieren. Als Reaktion auf die französischen Bedenken schlug der EU-Kommissionspräsident die Schaffung eines Notfall-Fonds vor, aus dem von Umstrukturierungen betroffene Arbeitnehmer Hilfen erhalten sollen. "Das soll kein Fonds sein, der Firmen vor Umstrukturierungen bewahrt“, sagte Blair in Straßburg. „Er soll jenen Arbeitnehmern helfen, die durch Umstrukturierungen ihren Arbeitsplatz verloren haben und es nun schwer haben auf dem Arbeitsmarkt."

Skeptischer Schröder

Doch dieser Vorschlag stößt bei einigen Mitgliedstaaten - darunter Deutschland - auf Skepsis. Bundeskanzler Schröder äußerte in einem Fernseh-Interview nochmals seine Bedenken gegenüber dem Liberalisierungskurs Blairs. "Die viel gepriesen angelsächsischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle halte ich auch vor dem Hintergrund jüngster Erfahrungen für ungeeignet. Wir müssen Europa der Zukunft öffnen, also die Chancen in Bildung, Forschung und Innovation wirklich ergreifen."

Und auch andere Reform-Pläne des Duos Blair-Barroso, wie etwa eine gemeinsame europäische Energie-Politik oder eine bessere Nutzung der Einwanderungs-Politik für wirtschaftliche Interessen der EU dürften für heftige Diskussionen in Hampton Court sorgen. Ein gemütliches Kamin-Gespräch ist bei dem Programm wohl kaum zu erwarten.