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Türkei provoziert weiteren Eklat

15. August 2016

Wie so oft reagiert die Türkei gereizt und nervös und sieht ihren Ruf in Gefahr: Nun wurde die schwedische Außenministerin Wallström wegen eines Tweets an den Pranger gestellt, wie zuvor die Regierung Österreichs.

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Aus dem Twitter-Account der schwedischen Außenministerin Margot Wallström - Screenshot (Quelle: Twitter/Wallström)
Bild: Margot Wallström/Twitter

Auslöser war eine schlichte, aber brisante Nachricht auf den Bildschirmen am Wiener Flughafen, die angesichts des gespannten Verhältnisses der Türkei zu Europa in eine weitere diplomatische Eskalation ausuferte. Nach einem vehementen Protest gegen Österreich wurde nun überraschend auch die Regierung Schwedens zur Zielscheibe bissiger Kommentare und Reaktionen Ankaras.

Die Schlagzeile auf dem News-Ticker des Airports, wonach die Türkei Sex mit Kindern unter 15 Jahren erlaube, und entsprechende Meinungsäußerungen seien Ausdruck einer "rassistischen, anti-islamischen und anti-türkischen" Stimmung in Europa, erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Nach dem österreichischen Geschäftsträger habe man deswegen auch den schwedischen Botschafter in Ankara einbestellt.

Konkreter Anlass dafür sei die Forderung der schwedischen Außenministerin Margot Wallström auf ihrem offiziellen Twitter-Account, dass die Türkei diese Entscheidung ihrer Justizbehörden zurücknehmen müsse. Wallström hatte geschrieben, Kinder bräuchten "nicht weniger, sondern mehr Schutz vor Gewalt und sexuellem Missbrauch" (Artikelfoto oben).

Schwedische Außenministerin Margot Wallström (foto: ILMARS ZNOTINS/AFP/Getty Images)
Machte sich bei der Türkei unbeliebt: Schwedens Außenministerin WallströmBild: AFP/Getty Images/I. Znotins

Die von der Türkei monierte Schlagzeile bezog sich auf ein jüngstes Urteil des türkischen Verfassungsgerichts: Dieses hatte im Juli eine Klausel im Strafgesetzbuch gekippt, wonach jeder Geschlechtsverkehr mit einem Kind unter 15 Jahren als "sexueller Missbrauch" betrachtet werden müsse. Ein Bezirksgericht hatte in einer Petition bemängelt, dass das Gesetz keinen Unterschied mache zwischen sexuellen Handlungen mit einem Jugendlichen oder einem Kleinkind.

Dem Parlament wurden sechs Monate Zeit gegeben, um das Gesetz über Missbrauch zu reformieren. Die Ehemündigkeit mit 18 Jahren wurde durch das Urteil nicht geändert.

Auch Bürgerrechtsgruppen hatten die Entscheidung kritisiert. Cavusoglu sagte zur Verteidigung, seine Regierung sei entschlossen, Kindesmissbrauch zu bekämpfen, und erklärte, das Justizministerium arbeite bereits an einem neuen Gesetz. Auch das Ministerium selbst beeilte sich klarzustellen, dass die Türkei keineswegs Sex mit Kindern erlaube. Äußerungen wie die Wallströms seien "haltlos, tendenziös und verschleierten die Wahrheit".

Die am Wiener Flughafen gezeigte Überschrift stammte von einem Bericht der österreichischen "Kronenzeitung". Ein Sprecher des österreichischen Außenministeriums hatte am Sonntag erklärt, die Regierung nehme die Reaktion der Türkei zur Kenntnis, verweise aber auf die Pressefreiheit.

SC/qu (afp, APE, dpa)