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Streit um Parteienvertretung beim ungarischen Fernsehsenders MTV hält an

10. März 2003
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Budapest, 10.3.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Dénes Vajta

Bei der Besetzung des Kuratoriums des staatlichen Fernsehsenders MTV hat sich der Fidesz (Bund Junger Demokraten - MD) vergangene Woche selbst ins Abseits gestellt. Die Orbán-Partei hatte einen Kompromiss in der Frage der Zahl der Posten für Regierung und Opposition abgelehnt, deshalb beschloss das Parlament die Bildung eines Rumpfkuratoriums. Die kleine Oppositionspartei MDF erklärte sich bereit, die restlichen zwei Posten besetzen zu wollen - der Fidesz würde außen vor bleiben. Die Partei hält die Lage für gesetzwidrig, obwohl Regierungspolitiker darauf verweisen, dass der Fidesz selbst so verfahren habe.

Wie in der vorangehenden Legislaturperiode konnte bei der Plenarsitzung am Montag (3.3.) wieder kein vollständiges Kuratorium gewählt werden, dass aus den Vertretern aller im Parlament vertretenen Parteien besteht. Dem Mediengesetz zufolge können ins achtköpfige Kuratorium die Regierungs- und Oppositionsparteien jeweils vier Mitglieder entsenden. MSZP (Ungarische Sozialistische Partei - MD) und SZDSZ (Bund Freier Demokraten - MD) einigten sich auf je zwei Posten, die anderen vier waren bisher vakant. Diesem Beispiel folgend wollte auch das MDF (Ungarisches Demokratisches Forum - MD) zwei Posten bekommen, was der Fidesz glatt ablehnte, weil es nicht den wirklichen parlamentarischen Kräfteverhältnissen entspreche.

Ein Kompromissvorschlag des MDF wurde verworfen, das Kuratorium auf zehn Personen aufzustocken und drei der fünf Oppositionsposten dem Fidesz zu überlassen. Da die Verhandlungen zwischen SZDSZ und Fidesz ergebnislos blieben, entstand ein Rumpfkuratorium mit lediglich sechs Mitgliedern. Die Fidesz-Abgeordneten verließen aus Protest den Sitzungssaal, weil das Parlament ihren Vorschlag abgewiesen hatte, nur über die Kandidaten der Regierungsparteien und nicht über jene des MDF abzustimmen.

Der Fidesz hatte selbst in der vergangenen Legislaturperiode die bisherigen Bräuche über Bord geworfen und der rechtsextremen Kleinpartei MIEP (Gerechtigkeitspartei - MD) zwei Plätze im Kuratorium verschafft. Die Oppositionsparteien MSZP und SZDSZ konnten so weniger als die Hälfte der Kuratoriumsmitglieder stellen. Da sie dies ablehnten, arbeitete der Sender nur mit einem Rumpfkuratorium. Die Folgen sind bekannt: einseitige Personalpolitik, Sinken des Programmniveaus und der Zuschauerzahlen, Einnahmeschwund.

Der Fidesz-Abgeordnete Antal Rogán bezichtigte das MDF nach der Abstimmung des Kuhhandels mit den Regierungsparteien. MDF-Fraktionschef Károly Herényi wies jede Absprache mit den Regierungsparteien zurück: "Wir erleben es nicht zum ersten Mal, dass der Fidesz versucht, uns nach links zu schieben. Dem MDF schaden zwei Dinge: Wenn es von rechts angegriffen oder von links gelobt wird."

Herényi und seine Parteivorsitzende Ibolya Dávid betonten, dass für das MDF nur das Funktionieren der MTV ausschlaggebend sei. Herényi gab sogar bekannt, dass das MDF von seinem Recht Gebrauch machen wolle, anstelle des Fidesz weitere zwei Kuratoriumsmitglieder zu designieren. Auf das Kuratorium waren wichtige Aufgaben: Der Posten des MTV-Vorsitzenden ist seit einem halben Jahr vakant, weil sich selbst die Regierungsvertreter unter sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen konnten. (fp)