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Streit um Minarett-Plakat

15. Oktober 2009

Mit Plakaten auf denen Minarette als Raketen dargestellt werden, wirbt die Schweizerische Volkspartei. Die Werbung sorgte für Aufregung.

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Plakat der Minarett-Gegner (Bild: minarette.ch)
Das umstrittene Plakat

Genf ist die Stadt mit der größten muslimischen Gemeinde in der Schweiz. Die Moschee steht mitten in einem Wohngebiet. Die Gläubigen sind beim Mittagsgebet. Sie reagieren auf das Plakat mit Unverständnis, so auch dieser Mann: "Ein solches Plakat schmerzt, weil es nicht den Islam repräsentiert. Der Islam sagt nicht, ihr sollt Leute attackieren und vernichten." Die Darstellung sei einfach nicht richtig. Die Genfer Moschee hat ein Minarett. Auf dem Plakat der Schweizerischen Volkspartei (SVP) werden solche Minarette als Raketen dargestellt. Sie stehen auf einer Schweizer Flagge, daneben ist eine schwarz verhüllte Frau zu sehen.

In Genf erlaubt, in Basel verboten

Die Stadt Genf hat das Aufhängen der provokativen Plakate erlaubt. Sandrine Salerno ist Regierungsrätin in der französischsprachigen Stadt: "Wir glauben die Bürger von Genf sind intelligente Leute und führen demokratische Debatten", sagt sie. Jene Leute, die diese widerlichen Plakate zu verantworten haben, wolle sie nicht zu Opfern machen und auch keine zusätzliche Publizität geben.

Die Moschee von Petit-Saconnex in Genf (Foto: dpa)
Die Moschee von Petit-Saconnex in GenfBild: pa / dpa

Auch in Basel leben viele Muslime. In manchen Stadtvierteln wohnen mehr Ausländer als Schweizer und auch dort gibt es eine Moschee. Sie liegt im Dachgeschoss eines Kulturzentrums. Ganz in der Nähe ist ein türkischer Supermarkt. Der Kassierer Hassan Masjan hat eine klare Meinung zum Anti-Minarett-Plakat: "Ich denke, dass solche Plakate die Kommunikation zwischen Schweizern und Ausländern kaputt macht." In Basel werden die Plakate der SVP nicht zu sehen sein. Die Stadtregierung hat das Aufhängen verboten. Der Basler Regierungsrat Hans Peter Wessels meint, dass das nicht richtig sei. Denn fast alle Muslime seien bestens integriert: "Viele von ihnen fühlen sich als Baslerinnen oder Basler, viele haben die Schweizer Staatsbürgerschaft und deswegen ist es für mich eine absolute Selbstverständlichkeit, dass wir nicht zulassen, das mit einer Plakatkampagne dieser Teil unserer Bevölkerung diffamiert wird", sagt er.

Gegenkampagne angekündigt

Längst ist die Diskussion um das Plakat auch in den muslimischen Ländern angekommen. Tamer Aboaelenin arbeitet in der Schweiz als Journalist des arabischen Fernsehsenders Al Dschasira. Er schreibt im Internet über den Streit um das Anti-Minarett-Plakat. Mit seinen Berichten löst er heftige Reaktionen der Leser aus: "Die Leute boykottieren Schweizer Produkte und Banken, sie wollen nicht mehr in die Schweiz reisen", sagt er. Grund dafür sei, dass sich viele unsicher fühlen und sich fragen: "Wie können wir in ein Land reisen, wo wir eine Gefahr darstellen?" Da würden sie lieber zu Hause bleiben oder dorthin gehen, wo sie sich willkommen fühlen.

Walter Wobmann
Für die Kampagne verantwortlich: Walter WobmannBild: picture-alliance/dpa

Ausgelöst hat den Wirbel Walter Wobmann. Er ist Parlamentsabgeordneter der SVP und hat die Volksabstimmung über das Minarettverbot mitinitiiert. Wobmann sagt, er könne die Aufregung nicht verstehen. Schon gar nicht, wenn die Kritik aus muslimischen Ländern komme: "Wir sagen den anderen Ländern auch nicht - was sie zu tun haben und wenn ich daran denke was in islamischen Ländern abläuft, zum Beispiel dass dort Christen verfolgt werden, dann ist das noch einmal etwas ganz anderes. Deshalb glaube ich, dass uns niemand von Außen hineinreden sollte", sagt er. Schließlich nehme man demokratische Rechte wahr.

Ob das Plakat nun aufhängt werden soll oder besser verboten wird, darüber sind sich auch die Städte nicht einig. Einigkeit herrscht aber darüber: Die Anti-Minarett-Kampagne der SVP ist jetzt richtig bekannt geworden. Die Medien berichten seit Tagen ausführlich und an prominenter Stelle. Die Direktorin des Städteverbands Renate Amstutz gibt sich zerknirscht: "Die muslimischen Verbände haben sich inzwischen zu einer härteren Gangart entschlossen, sie planen eine Gegenkampagne und wollen damit den Erfolg der Anti-Minarett-Initiative verhindern", sagt sie. Und damit solle auch verhindert werden, dass sich die Schweizer bei der Volksabstimmung Ende November gegen den Bau neuer Moscheetürme aussprechen.

Autor: Mathias Zahn
Redaktion: Heidi Engels