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Streit um Fanmeilen in Südafrika

5. Mai 2010

Fanmeilen sollen während der Weltmeisterschaft für Stimmung sorgen. Doch im Moment verursachen sie vor allem Streit, da viele Südafrikaner kein bisschen von den Zonen rund um die Stadien profitieren.

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Die Main Road in Kapstadt ist als Fanmeile geplant. 27.04.2010. Copyright: DW /Katrin Gänsler
Auf der Main Road in Kapstadt werden die Fans die Autos verdrängenBild: DW

Rund um das Greenpoint Stadium in Kapstadt ist es sauber und ordentlich. Nirgendwo liegt Müll, nirgendwo stehen Händler, die Süßigkeiten oder Telefonkarten verkaufen. Stattdessen können WM-Touristen ganz entspannt in den unzähligen Cafés und Restaurants einen Cappuccino oder Eiskaffee trinken. Doch Greg Withers wird nur wütend, wenn er daran denkt. Der Fotograf sitzt in seinem Studio, das in unmittelbarer Nähe der Fanmeile liegt. Dort waren in den vergangenen Jahren ständig Bauarbeiten nötig, weshalb er seit geraumer Zeit keinen einzigen Parkplatz mehr für seine Kunden hat. “Mein Umsatz ist um 50 Prozent zurück gegangen“, beklagt er sich.

Vermieter wittern das große Geschäft

Ein Obdachloser schläft in unmittelbarer Nähe des Greenpoint Stadiums. 27.04.2010. Copyright: DW / Katrin Gänsler
Obdachlose werden hier während der WM nicht geduldetBild: DW

500 Meter weiter in Richtung Stadion betreibt Euquene Kelley ein Internetcafé. Wenn die schlanke Frau an die Weltmeisterschaft denkt, reibt sie sich die Hände. “Fußball-Fans wollen nun mal regelmäßig ihre E-Mails lesen“, ist sie sicher. Doch eins bereitet ihr gerade Kopfschmerzen: Der Vermieter von Euquene Kelley hat angekündigt, dass sie ihre Wohnung Ende Mai verlassen muss, die ganz in der Nähe der Fanmeile liegt. Derzeit zahlt sie monatlich 3500 Rand – rund 350 Euro. Doch während der WM soll sie 3000 bis 4000 Rand (300 bis 400 Euro) pro Tag kosten.

Von einer eigenen Wohnung kann Lucky nur träumen. Der 31-Jährige ist obdachlos und zieht durch die Straßen von Kapstadt. Tagsüber passt er auf geparkte Autos auf, um sich zumindest ein bisschen Geld für Essen zu bekommen. Doch gerade ist Flaute. Deshalb ist er in der Nähe des Greenpoint Stadiums unterwegs und bettelt Einheimische und Touristen um ein paar Rand an. Es ist eine der letzten Gelegenheiten, denn bald wird das nicht mehr möglich sein. “Sie jagen uns hier fort, haben Angst, dass wir Touristen ausrauben. Dabei versuche ich doch, etwas Geld zu verdienen“, ärgert er sich.

Armut wird versteckt

Ganz besonders in die Kritik geraten ist deshalb Blikkiesdorp, ein Township, das mehr als 20 Kilometer von Kapstadt entfernt liegt. Obdachlose und Nichtregierungs-Organisationen beklagen gleichermaßen, dass immer mehr Menschen dorthin umgesiedelt werden. Ziel sei es, die Stadt, vor allem aber die Fanmeile zu säubern und Touristen nichts vom Elend zu zeigen, das in Südafrika nach wie vor allgegenwärtig ist. Pieter Cronje, Sprecher des WM-Programms von Kapstadt, ist erbost darüber. “Wir haben keine einzige Person gegen ihren Willen nach Blikkiesdorp gebracht“, betont er.

Auch sein Kollege Thami Banda kennt die Vorwürfe. Er ist 1300 Kilometer weiter nördlich in Pretoria für die WM-Vorbereitungen zuständig. “Wir mussten niemanden umsiedeln, da es unsere Austragungsstätte und die Trainingsplätze ja schon gab“, sagt er. Gleiches würde für das Public Viewing gelten. “Unsere Leute sind einfach begeistert, weil wir das Turnier zu ihnen bringen.“

Eine Fanmeile für alle Südafrikaner

Im Burgers Park in Pretoria entsteht eine eigene Fanmeile für alle Südafrikaner. 27.04.2010. Copyright: DW / Katrin Gänsler
Im Burgers Park in Pretoria soll eine Fanmeile für alle ohne FIFA-Einschränkungen entstehenBild: DW

Doch aus finanzieller Sicht profitieren sie nicht, da in den Fanmeilen nur die großen WM-Sponsoren zum Zuge kommen. Kleine Händler, die gebratene Maiskolben, Süßigkeiten, Telefonkarten und Souvenirs anbieten, haben keinen Zutritt. Deshalb hat sich in Pretoria die Tshwane Leadership Foundation, ein Zusammenschluss verschiedener Kirchen, ein besonderes Projekt einfallen lassen. Mitten im ältesten Park der Stadt, dem Burgers Park, entsteht derzeit eine eigene Fanmeile mit Live-Übertragungen, Ständen, Suppenküche, Spielangeboten für Kinder und Diskussionsforen. Und damit sollen alle von der WM profitieren.

Autorin: Katrin Gänsler
Redaktion: Wolfgang van Kann